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1. Dez. 2002
Völlig andere Schlussfolgerung eines Privatgutachters Elektrischer Defekt war schuld am Desaster vom 11.11.2000 PLUS: Alle wichtigen Details zum Prozess & Bilder der Tragödie! Einen völlig anderen Schluss als der mittlerweile aus dem Kaprun-Prozess ausgeschiedene Hauptgutachter Anton Muhr zieht der Privatgutachter Peter Schütz, staatlich beeideter Sachverständiger und Universitätsdozent an der TU-Wien, über das Branddesaster von Kaprun, bei dem 155 Menschen am 11. November 2000 auf der Fahrt zum Kitzsteinhorn ums Leben kamen. Seiner Meinung nach war mit größter Wahrscheinlichkeit ein elektrischer Defekt schuld an der Katastrophe.
"Ich habe mich ein drei Viertel Jahr lang bemüht, alles genau nachzuvollziehen - der immer wieder zitierte Heizstrahler scheidet für mich aus", so Schütz im Gespräch mit der APA.
Für Schütz, der ein umfangreiches Gutachten samt ausführlichem Video dem Gericht bereits übermittelt hat, steht Folgendes fest:
"1. Der Brandentstehungsbereich kann einwandfrei auf das talseitige Zugende (Führerstandbereich) eingeschränkt werden. 2. Es handelt sich mit großer Wahrscheinlichkeit um das rechte hintere Zugeck. 3. Auf Grund nicht zusammenpassender Zeitabläufe und dagegensprechender Zeugenaussagen erscheint es sehr unwahrscheinlich, dass der Heizlüfter die Zündquelle war. 4. Die Laborversuche und die Wahrscheinlichkeitsanalyse scheiden die Heizlüftertheorie de facto aus. 5. Auf Basis der Zeugenaussagen und wegen der von der KTZ an der Unterseite der Bodenplatte des talseitigen Führerstandes des verbrannten Zuges festgestellten Schwelgasantragungen erscheint es wesentlich plausibler, dass die Brandursache nicht beim Heizlüfter, sondern außerhalb des Holzverschlages für den Heizlüfter und im Bereich der Bodenplatte zu suchen ist. 6. Die Erfahrung und die Laborversuche zeigen, dass elektrische Defekte als Zündquelle in Frage kommen. 7. Der Lokalaugenschein am Vergleichszug zeigt, dass eine Reihe von potenziellen Gefahrenstellen für elektrische Defekte vorhanden sind. 8. Die Wahrscheinlichkeitsrechnung für Elektroschäden ergibt, dass ein elektrischer Defekt als Brandursache sehr wahrscheinlich ist. 9. Die Versuche zeigen, dass glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) durch brennende Teile einer Elektroinstallation auch ohne jegliche Beschleuniger (z.B. Hydrauliköl) leicht in Brand gesetzt werden kann."
Auf Basis der vorliegenden Erkenntnisse kam laut Schütz - unter Einbeziehung der Ergebnisse der Gerichtsgutachter - als wahrscheinlich anzusehender Ablauf das Unglück so zu Stande:
"Durch einen elektrischen Defekt wurde ein (Schwel)Brand im Bodenbereich ausgelöst. Dieser Schwelbrand war außerhalb des Holzverschlages für den Heizlüfter. Die Schwelgase/Qualm wurden daher auch zuerst von außen beim Wegfahren bemerkt und haben zu Schwelgasantragungen an der Unterseite der Bodenplatte des Führerstandes geführt. Durch die Fahrbewegung und den damit verbundenen Luftzug wurde der Schwelbrand zum offenen Feuer angefacht. Innerhalb des Zuges wurde der weißlich-hellgraue Rauch zuerst oberhalb des linken/mittleren Armaturenbretts gesichtet. (...) Das Feuer hat sofort direkt auf Randbereiche der GFK-Schale des Zuges, direkt auf die Holzfaserplatte auf eine allenfalls Öl getränkte Mineralfaser am/im Holzverschlag übergegriffen. Das Feuer wurde innerhalb des Zuges durch die Öffnung im Boden bemerkt. Das Feuer hat sich über brennbare Teile, wie z.B. die GFK-Schale, den Holzverschlag, die Kunststoffkabel etc. ausgebreitet und auch den Heizlüfter und die Hydraulikleitungen erfasst. Der Zug ist vermutlich stehen geblieben, weil eine der vielen elektrischen Steuerleitungen, die den HALT-Befehl auslösen können, z.B. der Haltknopf oder die Hydraulikleitung, durchgebrannt ist und der resultierende Druckabfall den Haltbefehl ausgelöst hat."
Das Unglück sei nach dem Stand der Erkenntnis deshalb so katastrophal verlaufen, weil "1. die im Bereich der möglichen Brandentstehung vorhandenen Materialien und die Bekleidung der Opfer zum überwiegenden Teil brennbar waren, und weil 2. der Brand im steilen Stollen durch die Kaminwirkung mit Sturmwindgeschwindigkeiten von etwa 50 km/h wie ein Schmiedefeuer angefacht wurde", so Schütz abschließend.
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Salzburger Nachrichten
01. Dezember 2002
Kaprun: Elektrischer Defekt
Privatgutachter gegen "Heizlüfter-Theorie".
SALZBURG (SN, APA). Was war die Quelle der Brandkatastrophe bei der Kapruner Seilbahn, der am 11. November 2000 155 Menschen zum Opfer fielen? Diese Frage rückt nach dem krankheitsbedingten Ausscheiden des bisherigen Brandsachverständigen Anton Muhr aus dem Salzburger Strafprozess auf einer neuen Ebene in den Mittelpunkt der Überlegungen, zumal das Gericht wohl einen neuen Experten wird bestellen müssen. Wie in den SN mehrfach berichtet, hat die Verteidigung eines der angeklagten Techniker ein Privatgutachten vorgelegt. Darin kommt Univ.-Doz. Peter Schütz von der TU Wien zu einem völlig anderen Schluss als Muhr.
Seiner Meinung nach war mit größter Wahrscheinlichkeit ein elektrischer Defekt schuld an der Katastrophe. "Ich habe mich ein Dreivierteljahr lang bemüht, alles genau nachzuvollziehen – der Heizstrahler scheidet für mich aus", sagt Schütz.
Auf Grund nicht zusammenpassender Zeitabläufe und dagegensprechender Zeugenaussagen erscheine es sehr unwahrscheinlich, dass der Heizlüfter die Zündquelle war. Auf Basis der Zeugenaussagen und wegen der Schwelgasantragungen erscheine es wesentlich plausibler, dass die Brandursache außerhalb des Holzverschlages für den Heizlüfter und im Bereich der Bodenplatte zu suchen ist.
Die Erfahrung und die Laborversuche würden zeigen, dass elektrische Defekte als Zündquelle in Frage kämen. Der Lokalaugenschein am Vergleichszug zeige, dass eine Reihe von potenziellen Gefahrenstellen für elektrische Defekte vorhanden sind.
Das Unglück sei nach dem Stand seiner Erkenntnis wegen der brennbaren Materialien im möglichen Bereich der Brandentstehung und der Kleidung der Opfer sowie der Kaminwirkung im Stollen so katastrophal verlaufen.
In welcher Form dieses Privatgutachten in den Prozess Eingang finden wird, steht noch nicht fest. (Bild: SN/Ratzer)
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salzburg.orf.at
Elektrischer Defekt schuld an der Katastrophe ?
Der staatlich beeidete Sachverständige Peter Schütz hat eine neue Theorie zum Unglückshergang der Brandkatastrophe am Kitzsteinhorn entwickelt. Nicht der Heizlüfter, sondern elektrische Defekte im Führerstand hätten das Unglück mit 155 Toten ausgelöst.
Schütz gegen Muhr
Der bisherige Hauptgutachter Anton Muhr - er ist inzwischen aus dem Prozess ausgeschieden - hatte einen defekten Heizstrahler als Auslöser des Unglücks bezeichnet. Schütz, selbst Sachverständiger und Universitätsdozent in Wien, kann mit der Theorie Muhrs nichts anfangen: "Ich habe mich ein drei viertel Jahr lang bemüht, alles genau nachzuvollziehen - der immer wieder zitierte Heizstrahler scheidet für mich aus."
Schütz hat dem Gericht bereits ein umfangreiches Gutachten samt ausführlichem Video übermittelt. Die wichtigsten Punkte seiner Untersuchungen.
1.Der Brandentstehungsbereich kann einwandfrei auf das talseitige Zugende (Führerstandbereich) eingeschränkt werden. 2.Es handelt sich mit großer Wahrscheinlichkeit um das rechte hintere Zugeck.
3.Auf Grund nicht zusammenpassender Zeitabläufe und dagegensprechender Zeugenaussagen erscheint es sehr unwahrscheinlich, dass der Heizlüfter die Zündquelle war.
4.Die Laborversuche und die Wahrscheinlichkeitsanalyse scheiden die Heizlüftertheorie de facto aus.
5.Auf Basis der Zeugenaussagen und wegen der von der KTZ an der Unterseite der Bodenplatte des talseitigen Führerstandes des verbrannten Zuges festgestellten Schwelgasantragungen erscheint es wesentlich plausibler, dass die Brandursache nicht beim Heizlüfter, sondern außerhalb des Holzverschlages für den Heizlüfter und im Bereich der Bodenplatte zu suchen ist.
6.Die Erfahrung und die Laborversuche zeigen, dass elektrische Defekte als Zündquelle in Frage kommen.
7.Der Lokalaugenschein am Vergleichszug zeigt, dass eine Reihe von potenziellen Gefahrenstellen für elektrische Defekte vorhanden sind.
8.Die Wahrscheinlichkeitsrechnung für Elektroschäden ergibt, dass ein elektrischer Defekt als Brandursache sehr wahrscheinlich ist.
9.Die Versuche zeigen, dass glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) durch brennende Teile einer Elektroinstallation auch ohne jegliche Beschleuniger (z.B. Hydrauliköl) leicht in Brand gesetzt werden kann."
Vermutlicher Ablauf
Schütz glaubt nun den Hergang der Katastrophe relativ genau beschreiben zu können:
"Durch einen elektrischen Defekt wurde ein (Schwel)Brand im Bodenbereich ausgelöst. Dieser Schwelbrand war außerhalb des Holzverschlages für den Heizlüfter. Die Schwelgase/Qualm wurden daher auch zuerst von außen beim Wegfahren bemerkt und haben zu Schwelgasantragungen an der Unterseite der Bodenplatte des Führerstandes geführt. Durch die Fahrbewegung und den damit verbundenen Luftzug wurde der Schwelbrand zum offenen Feuer angefacht. Innerhalb des Zuges wurde der weißlich-hellgraue Rauch zuerst oberhalb des linken/mittleren Armaturenbretts gesichtet. (...) Das Feuer hat sofort direkt auf Randbereiche der GFK-Schale des Zuges, direkt auf die Holzfaserplatte auf eine allenfalls Öl getränkte Mineralfaser am/im Holzverschlag übergegriffen. Das Feuer wurde innerhalb des Zuges durch die Öffnung im Boden bemerkt. Das Feuer hat sich über brennbare Teile, wie z.B. die GFK-Schale, den Holzverschlag, die Kunststoffkabel etc. ausgebreitet und auch den Heizlüfter und die Hydraulikleitungen erfasst. Der Zug ist vermutlich stehen geblieben, weil eine der vielen elektrischen Steuerleitungen, die den HALT-Befehl auslösen können, z.B. der Haltknopf oder die Hydraulikleitung, durchgebrannt ist und der resultierende Druckabfall den Haltbefehl ausgelöst hat."
Verstärkende Faktoren
Das Unglück sei zudem noch katastrophaler ausgegangen, weil das Material des Zuges als auch die Kleidung der Opfer leicht brennbar gewesen sei, sagt Schütz. Außerdem habe der Fahrtwind im Stollen das Feuer wie in einer Schmiede angefacht.
Reaktionen:
Ja, Nepomuk und Claviclack
engelchen61, vor 0min
Ihr gehört`s zu denjenigen, die immer noch glauben, daß die Katastrophe ein unvorhersehbares Ereignis war, und niemand daran Schuld hat. 155 Tote waren das Ergebnis von jahrelanger Schlamperei und das hat auch Herr Muhr festgestellt. Auch wenn er nicht mehr kommt, sein Gutachten bleibt die Grundlage des Verfahrens und das ist auch gut so! Bauernopfer brauchts nicht, hier werden schon die dafür Verantwortlichen letztendlich verurteilt. Die kommen dann auch nur ins Gefängnis und werden nicht wie die Hexen verbrannt ( wen wir schon bei Ihrem Beispiel bleiben wollen) und müssen auch nicht so qualvoll verbrennen wie die 155 in der Bahn!
Wir da wieder wer lebendig?
obiwahn, vor 1h 16min
Für solche Fälle gehört sich ein Gesetz: Jeder Tote soll mit 10 Millionen Euro abgegolten werden - ohne irgendein Verfahren. Dann würde es nämlich gar nix zum Ermitteln geben. Die Firma hätte wie ein HAftlmacher aufgepasst daß nix - nie und nimmer passiert. Ich bin selbst dort gefahren. Schon allein die betrunkenen Raufbolde mit diversen Schweizerkrachern waren eine Gefahr.....
absurd, auch dann wird niemand lebendig.
claviclack, vor 1h 0min
Verständlich, daß ihnen der Schreck in den Knochen sitzt, da sie selbst schon mit dieser Bahn gefahren sind. Auch verständlich, daß bei einem Unglück nach den Ursachen gesucht wird und Verantwortliche gesucht werden. Auch klar, daß man Lehren ziehen muß. Aber ich frage mich, welchen Sinn es macht nach solchen utopischen Millionenklagen zu rufen. Eine Horrorvision. Firmen können zusperren, kaum jemand wird sich so ein unternehmerisches Risiko antun. Verhindert wird auch nichts, denn hinterher ist man immer klüger, vorher selten. Und das Leben ist lebensgefährlich. Die absolut sichere Umwelt ist eine Wahnidee der Amis.
wenn man bedenkt...
zwergdursti, vor 2h 7min
dass viele prozesse durch (teure) gutachten entschieden werden, kann man nur hoffen, nie in sowas verwickelt zu werden. wäre herr muhr nicht krank geworden, hätte es sicher schwarz für jene ausgesehen, die den heizlüfter installiert haben. egal ob schuldig oder nicht. stimmt
claviclack, vor 58min
alle rufen nach einer Verurteilung, ob auch das Bauernopfer auch wirklich der Schuldige ist scheint kaum jemanden zu interessieren. Hauptsache man hat wen zum draufschlagen. wenn tatsächlich jemand Schuld hat
emil2, vor 2h 12min
an diesem Unglück, dann soll er auch gefunden werden und Gerichte über das Ausmaß seiner Schuld urteilen. Nur reissen bei uns langsam amerikanische Zustände ein, für alles und jedes "muss es einen Schuldigen" geben. Eigenverantwortung (trifft im Falle Kaprun zwar sicher nicht zu) ist nicht mehr gefragt, und bald wird auch ein Schuldiger gesucht werden, wenn jemand vom Blitz getroffen wird (oder vom vielzitierten "Meteoriten" erschlagen wird). So bitter die Katastrophe von Kaprun für ganz Österreich und vor allem für die direkt betroffenen war, dieses Unglück muss nicht zwangsläufig von jemanden "verschuldet" worden sein. Für mich klingen jedenfalls die Ausführungen des neuen Gutachters durchaus nicht an den Haaren herbeigezogen, sondern konnte die Feuersbrunst so entstanden sein. Welche Theorie nun die richtige ist, werden die Gerichte beurteilen, die absolute Gewissheit, dass es aber wirklich so war, werden wir alle aber auch mit 15 Gutachtern niemals haben!
Dieser Beitrag nützt den Toten nicht mehr!
höllenangst, vor 4h 27min
Die Gutachter sind schon alle unglaubwürdig!
Ein von Beschuldigten bezahltes
sarathei, vor 6h 31min
Gutachten!? Theorien, Vermutungen, .... und der ORF hat sogar Platz dafür.Wieviele von den Beschuldigten bezahlte Gutachten wirds noch geben um alle zu verwirren.
Richtig erkannt!
engelchen61, vor 5h 34min
DAs sind doch alles nur Ablenkungs- manöver und Rundumschläge um die Schuld auf andere zu schieben! Dieses Gutachten wird der Richter hoffentlich nicht anerkennen, da könnte ja jeder daherkommen und die für ihn günstigste Theorie bei seinem Gutachter gegen viel Geld "bestellen"!!
ein Dilemma, was Engelchen?
claviclack, vor 51min
Jetzt hätten wir fast schon jemanden gehabt zum draufhauen, ein schwarzes Schaf, einer der für alles bezahlen muß bis er schwarz wird und dann das. Eine Frachheit eigentlich. Und total unglaubwürdig, einfach deshalb weil die Bösen fehlen. Ein unfaires Spiel. Wir brauchen doch einen Schuldigen! Besorgt endlich einen Schuldigen!!!! Bezahlt ihn von mir aus, damit er diese Rolle spielt, für ein paar Monate und für die Fotos in den Zeitungen. All die Hoffnungen schwinden auch die der Aasgeier, der Fagans,....