Salzburger Nachrichten

10. Feber 2001

 7000 S für ein beschädigtes Fahrrad,
10.000 S für einen überfahrenen Hund,
aber nur Ersatz der Begräbniskosten,
wenn bei einem Unfall ein Kind ums Leben kommt.

So sieht die rechtliche Lage derzeit bei Verkehrsunfällen in Österreich aus. "Für juristische Laien ist eine solche Regelung einfach nicht nachvollziehbar. Das österreichische und auch das europäische Schadenersatzrecht bedürfen einer grundlegenden Weiterentwicidung", so Rechtsanwalt Ivo Greiter.

In Innsbruck tagen zum Wochenende 70 Juristen aus ganz Europa, die der "Europäischen Vereinigung von Schadenersatzjuristen" (PEOPIL) angehören. Thema des dreitägigen Seminars sind die rechtlichen Aspekte des Schadenersatzes bei Großunfällen und Katastrophen, aufgezeigt im Zusammenhang mit dem Seilbahnunglück vom Kitzsteinhorn/Kaprun.

"Ziel der Tagung ist, zu zeigen, dass Großunfälle nach europäischen Rechtsgrundsätzen abwickelbar sind, ohne Anleihen aus dem amerikanischen Rechtssystem zu nehmen", meint Greiter, dessen Kanzlei die Tagung organisiert hat. Gerade beim Thema Schmerzengeld müsse das derzeit geltende und angewandte österreichische Recht dringend reformiert werden: "Jemand, der nach einem Unfall ins Koma fällt und nach 40 Tagen stirbt, erhält Schmerzengeld, weil ihm die Erlebnisfähigkeit genommen wurde. Um wie vieles mehr würde einem Menschen, dem das Leben genommen wurde, Schmerzengeld gebühren", meint Greiter. Umgelegt auf die Opfer von Kaprun würde eine Änderung der geltenden Gesetzeslage bedeuten, dass auch diese Verstorbenen Anspruch auf (vererbbares) Schmerzengeld wegen entgangener Erlebnisfähigkeit hätten.

Einem Bericht der Generali Versicherung AG, des Versicherers der Bergbahnen in KapruÜ, war zu entnehmen, dass mit allen Hinterbliebenen der 155 Opfer Kontakte beständen. Bis Ende Jänner d. J. seien rund 20 Mill. S an die Angehörigen überwiesen worden: Diese Mittel wurden vor allem zur Bestreitung der Kosten der Überführung und Bestattung der Opfer sowie für eine Überbrückung in der Lebensführung bis zum Einsetzen der Sozialversicherungsleistungen benötigt. Da die Brandursache noch nicht geklärt sei, die Beurteilung der Haftung aber genau davon abhänge, könne der Haftpflichtversicherer, sprich die Generali Versicherung AG, aber noch keinerlei rechtlich relevanten Aussagen treffen.

"Die Angehörigen der Opfer von Kaprun haben nach der derzeitigen Rechtsprechung keinerlei Anspruch auf Schmerzengeld", erklärte RA Stefan Kofler in seinem Referat. Hinterbliebene, die durch den Tod ihres Angehörigen eine seelische Krankheit erleiden, könnten eventuell einen Anspruch auf Schmerzengeld erwerben. "Hier gibt es bereits Präzedenzfälle. So wurde einem Kind, das den Vater bei einem Unfall verlor und in eine lang anhaltende Depression fiel, vom OLG Innsbruck 480.000 S Schmerzengeld zuerkannt."

 

zurück