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14. Feber 2002

Kaprun: Die Brand-Anklage

Prozess des Jahres:

Ab Mai stehen insgesamt 16 mutmaßliche Täter vor Gericht

Der langsame Tod von 155 Menschen, die am 11. November 2000 wegen Fahrlässigkeit,

Schlamperei und der atemberaubenden amtlichen Ansicht, die Bahn könne gar nicht brennen, im Tunnel des Kitzsteinhorns erstickten, trägt nun die Aktenzahl 5 St 213/Oli.

Bahn-Direktor. "Unterließ sichere Bauweise."
Der technische Direktor der Bahn soll schwere Mängel übesehen haben.

Manfred M., 57, dem technischen Direktor der Gletscherbahnen Kaprun AG, lastet die Anklage an, dass er es beim Neubau der Wagenaufbauten 1993/94 unterließ, "für deren sichere Bauweise und Ausstattung nach dem Stand der technischen Entwicklung zu sorgen, und die solcherart mangelhaft ausgeführten Garnituren ohne brandschutztechnische Vorbeugemaßnahmen in Betrieb gehen ließ". Darüber hinaus habe er "trotz regelmäßiger Benützung der Standseilbahn" weder für eine "Wartung/Überprüfung des verunreinigten Heizkörpers" noch für eine "Behebung der Verunreinigungen" gesorgt, obwohl ihm diese "nicht verborgen bleiben konnten". Die Staatsanwaltschaft wirft Manfred M. auch vor, die "eigene gesetzliche Verpflichtung, Mindestanforderungen in Bezug auf die verwendeten Materialien und Sicherheitseinrichtungen" zu erfüllen, missachtet zu haben. Strafdrohung: fünf Jahre Haft.


Betriebsleiter. "Nur unzureichende Wartung."

Günther B., 40, Betriebsleiter der Tunnelbahn, wirft die Anklage vor, "nur unzureichend für einen betriebssicheren und ordnungsgemäßen Zustand der Bahn" gesorgt zu haben. Konkret soll er die jährlich vorgeschriebenen Hauptuntersuchungen äußerst mangelhaft durchgeführt haben. Erst dadurch, so die Anklage, sei es möglich gewesen, dass brandgefährliche Hydraulikleitungen ohne Trennung zum Heizkörper verliefen, dass illegal angebrachte Holzverschalungen nicht entfernt wurden und dass "die sich bereits seit längerer Zeit abzeichnenden brandauslösenden Spuren am Heizkörper und im Umgebungsbereich unentdeckt" blieben. Auch ihm drohen fünf Jahre Haft.


Monteure. "Keine Einrichtungen für Brand."
Ingenieure der Firma Swoboda sollen falschen Heizkörper eingebaut haben.

Robert V. und Günther P. waren als Monteure der Firma Swoboda an der Planung, Herstellung und Montage der Zugsgarnituren beteiligt. Die Anklage macht sie dafür verantwortlich, den "nicht für den Einbau und Betrieb in Fahrzeugen zugelassenen Heizkörper Fakir Hobby" eingebaut zu haben und zudem weder eine "brandsichere Trennung" zur Hydraulik noch "Sicherheitseinrichtungen für Stör- bzw. Brandfälle" vorgesehen zu haben. Die Aussage der Monteure, sie hätten ja keine Gebrauchsanleitung gehabt, sieht die Staatsanwältin als "Schutzbehauptung".


Beamte. "Prüfungen nur am Papier
Die Beamten des Verkehrsmlnlsteriums sollen nur am Papier geprüft haben.

Die Beamten des Ministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie Peter S. sowie Ingenieur Ewald H. werden beschuldigt, dass sie "die Einhaltung der Auflagen der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung nur unzureichend prüften und ihnen deshalb auch abweichende Ausführungen der Wagenaufbauten nicht auffielen." Der Beamte Manfred S. soll dafür verantwortlich sein, dass "brandverursachende Fehler unentdeckt blieben". Die Anklage wirft den Beamten und damit der Republik vor, "dass weder bei den Vorerhebungen noch bei der Bewilligung inhaltliche Überprüfungen vorgenommen wurden, sondern die angeblichen Prüfungen nur am Papier zitiert sind".

 

TW-Kontrollore. "Holz fiel ihnen nicht auf...
Die Techniker des TÜV sollen nur sehr schlampig überprüft haben.

Die beiden Techniker Peter P. und Thomas K. sind angeklagt, "als Verantwortliche des TÜV Österreich Überprüfungen nur unzureichend vorgenommen" zu haben. Konkret soll ihnen "beimVergleich des Ist-Zustandes mit dem bewilligten Zustand" nicht aufgefallen sein, dass in "unmittelbarer Nähe dew Heizkörpers Lärchenholzbretter" eingebaut wurden, die den Brand bewchleunigten..

Alle 16 Angeklagten bekennen sich übereinstimmend als "nicht schuldig".

ANDREAS KUSA

"Fahrgäste wurden eingeholt ..."
Im Wortlaut: Wie es laut Anklage zur Katastrophe kam

Während des Stationsaufenthaltes war die Bahn an das Stromnetz der Talstation angeschlossen und wurden damit auch die Heizlüfter in den beiden Führerständen über das Außennetz angespeist. In dieser kurzen Zeit trat die unfallauslösende Brandentwicklung bzw. Brandentstehung ein: Bei schwergängigem oder blockiertem Lüftermotor kam es bei aktiviertem Heizlüfter zu einer starken Erhitzung der Heizwendeldrähte im Heizlüfter.

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