20. Jänner
2004 | 10:00
Heute Beginn der Plädoyers:
Staatsanwältin, 50 Anwälte und 338 Privatbeteiligte haben das Wort
SALZBURG
(SN-res).
Sollten
wirklich alle 50 anwaltlichen Vertreter von Privatbeteiligten sowie die 338
geladenen Privatbeteiligten selbst - also Opfer oder Angehörige von Opfern -
zur Sach- und Rechtslage in eigenen Schlussvorträgen Stellung nehmen wollen, so
wird die Endrunde im Strafprozess zum Fall Kaprun sehr zeitintensiv. Allein
Staatsanwältin Eva Danninger-Soriat, die die Reihe der Plädoyers heute,
Dienstag, eröffnet, hat durchblicken lassen, dass ihr Vortrag drei Stunden
dauern könnte.
Nach ihr sind
die 50 Rechtsanwälte der Privatbeteiligten am Wort. Bei dem Seilbahnbrand am
11. November 2000 waren 155 Menschen ums Leben gekommen. Die Wiener Kanzlei
Lansky vertritt mit 160 die meisten Angehörigen; unter den 29 Mandanten des
Salzburger RA Jürgen Hinterwirth - er kooperiert mit US-Anwalt Ed Fagan - sind
auch mehrere Amerikaner und Deutsche; durch einen persönlichen Verlust
betroffen ist der Wiener Anwalt Johannes Stieldorf, der 27 Personen vertritt;
der Innsbrucker Advokat Ivo Greiter nimmt die Interessen von elf Familienmitgliedern
japanischer Opfer wahr. Es gibt aber auch Anwälte, die nur einen oder zwei
Privatbeteiligte vertreten. Aus deren Reihen war zu hören, dass einige auch
selbst das Wort ergreifen wollen, um ihre Sicht der Dinge nach dem 60-tägigen,
mehrfach unterbrochenen Beweisverfahren darzulegen.
Ob dies alles
an einem Tag zu bewältigen ist, bleibt abzuwarten. Jedenfalls waren für
Mittwoch (und eventuell Donnerstag) die Plädoyers der Verteidiger der 16
Beschuldigten geplant, von denen sich 13 wegen fahrlässiger Herbeiführung einer
Feuersbrunst und drei wegen fahrlässiger Gemeingefährdung verantworten müssen.
Keiner der Beschuldigten - Verantwortliche der Gletscherbahnen Kaprun, Monteure
und Techniker sowie Überprüfungsorgane des Verkehrsministeriums und des TÜV -
hat sich in dem 19 Monate dauernden Prozess schuldig bekannt.
Das Gericht
unter Vorsitz von Einzelrichter Manfred Seiss hat 95 Zeugen und fünf
Sachverständige gehört. Der Gerichtsakt hat den gewaltigen Umfang von 92 Bänden
und insgesamt 36.500 Seiten, dazu kommen noch Gutachten und Beilagen. Allein
das Protokoll der Hauptverhandlung umfasst bereits 12.000 Seiten.
Das Gericht
ist bereits bei der Kostenberechnung angelangt. Allein die Bergekosten der ÖBB
betrugen 872.000 Euro, die DNA-Analysen der Gerichtsmedizin schlagen sich mit
145.000 Euro zu Buche. Insgesamt ist mit Verfahrenskosten von 2,4 Mill. Euro zu
rechnen. Im Fall eines Schuldspruchs haftet jeder Beschuldigte, den ein Urteil
trifft, zur ungeteilten Hand, da die Versicherung in diesem Fall nicht
leistungsverpflichtet ist. Das Urteil ist für 19. Februar geplant.