"Marathon" der Plädoyers

23. Jänner 2004 | 10:00

Unglücks-Heizlüfter von Kaprun: Vom selben Typ 674.000 Stück erzeugt

SALZBURG (SN-res, APA).

Nach zwölfeinhalbstündigem "Marathon" endeten Mittwochnacht im Salzburger Prozess um die Brandkatastrophe von Kaprun die Plädoyers der Verteidiger der 16 Beschuldigten. Die meisten der Anwälte folgten der "Linie", die bereits die Verteidiger der beiden Verantwortlichen der Gletscherbahnen, RA Wolfgang Brandstetter und RA Wilfried Haslauer, eingeschlagen hatten:

Das Beweisverfahren habe ergeben, dass ihre Mandanten keine Schuld treffe, dass sie weder fahrlässig noch sorgfaltswidrig gehandelt hätten und daher freizusprechen seien. Die Bahn habe - auch in brandschutztechnischer Hinsicht - dem damaligen Stand der Technik entsprochen.

Während mehrere der Verteidiger der Verhandlungsführung von Richter Manfred Seiss Lob zollten und von einem fairen Verfahren sprachen, übten etwa die Anwälte der drei angeklagten Monteure der Firma Rexroth - sie hatten die Hydraulikleitungen verlegt - Kritik an der Darstellung von Staatsanwältin Eva Danninger: "Sie hat peinlich vermieden, ihre behaupteten Feststellungen zu beweisen", so etwa RA Karl Schön; keiner der Vorwürfe treffe zu, so RA Sebastian Lesigang; "alle Argumente im neuen Gutachten sind untergegangen", so RA Wolfgang Schubert.

Was er damit meinte, hatte zuvor schon RA Wilfried Haslauer ausgeführt: Es gebe eine Diskrepanz zwischen dem ursprünglichen Brandgutachten eines ausgeschiedenen Sachverständigen und den numehr erörterten acht "neuen" Gutachten. Ganz offensichtlich habe man sich in den "alten" Gutachten zu früh in Richtung von Sorgfaltsverstößen festgelegt. Dies sei durch die "neuen" Gutachten widerlegt. Auch die Verteidiger der fünf angeklagten Bahn-Bewilligungs- und -Prüforgane (drei aus dem Verkehrsministerium, zwei vom TÜV) sowie von zwei Technikern und eines Baumeisters beantragten Freisprüche.

Am Rande dieser Schlussrunde hatte - wie berichtet - ein Anwalt der Gletscherbahnen Strafanzeige gegen Verantwortliche der deutschen Herstellerfirma des Unglücks-Heizlüfters wegen Verdachtes der fahrlässigen Herbeiführung einer Feuersbrunst und der falschen Zeugenaussage erstattet.

Gutachter Prof. Karl Maurer hatte an dem Gerät einen Material-, Konstruktions- und Produktionsfehler festgestellt. Der Brand des Heizlüfters war Ausgang der Katastrophe gewesen. Zwischen 1986 und 1997 wurden 674.000 Stück dieses Typs ausgeliefert. Hätte man das fehlerhafte Gerät rechtzeitig zurückgerufen, wäre es nicht zur Katastrophe gekommen, so das Argument des GBK-Anwaltes für die Strafanzeige. Der Richter hat das Handelsministerium gemäß dem Produktionssicherungsgesetz über den Heizlüfter informiert.

Das Schlusswort der Angeklagten ist für 18. Februar, das Urteil für den Tag darauf vorgesehen. Bei einem Schuldspruch läge die Strafdrohung bei 13 Angeklagten zwischen sechs Monaten und fünf Jahren, bei drei weiteren reicht sie bis zu drei Jahren.

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