salzburg.orf.at

1. Juli 2002

 

Beamter verursacht Tumulte
Ein Beamter des Verkehrsministeriums hat Dienstagnachmittag für Tumulte beim Kaprun-Prozess gesorgt. Er antwortete antwortete so aggressiv auf Fragen, dass ihn der Richter zur Mäßigung auffordern musste.

"Reines Aktenverfahren"
Er habe zwar die Betriebsbewilligung für die Kapruner Gletscherbahn unterschrieben, sagte der 59-jährige Beamte aus dem Ministerium. Doch das sei ein reines Aktenverfahren von seinem Schreibtisch in Wien aus. Seine Aufgabe könne es wohl nicht sein, jene Sachverständigen, die in Kaprun den Zug überprüft haben, noch einmal zu überprüfen, sagte der Beamte.

Diese Äußerungen habe Richter Manfred Seiss zu dem Ordnungsruf veranlasst. Der Angeklagte solle sich mäßigen, betonte er. Die Einvernahme dauert noch an.

Monteure der Hydraulikfirma Rexroth befragt
diese drei Monteure sagen übereinstimmend, sie hätten beim Einbau der Leitungen keinen Heizlüfter gesehen.

Diese Aussagen stehen im Widerspruch zu jenen der Wagenaufbaufirma. Deren Mitarbeiter haben gesagt, die Heizlüfter seien sehr wohl bereits eingebaut gewesen.

 

Reaktionen:

super-billig ...
alpska, vor 47min
... ist das, wenn alle moeglichen leute rundherum, die eher dreck am stecken haben, die verantwortung einem beamten von weit weg umhaengen wollen. dass der betrieb vor der baupolizeilichen abnahme der bergstation und damit mit nicht funktionsfähiger brandabschnittstuer aufgenommen wurde, ist nicht verantwortung von irgendeinem ministerialrat, sondern zu hundert prozent dem profitstreben des seilbahnunternehmens zuzuschreiben. und das war für kamineffekt und damit opferzahl wohl entscheidend. nur will diese wahrheit halt keiner hoeren, lieber wuerde man einen beamten im fruehpensionsalter opfern als in den spiegel zu schauen und dabei gott mammon in die fratze zu blicken.

Liebe/r alpska
nestroytscherl, vor 0min
Für WAS ist ein Ministerialrat "gut",wenn er in Wien DAS unterschreibt was...usw. Aber ich gebe Dir in einem Punkt vollkommen recht - es haben wesentlich mehr und vor allem andere enormen Dreck am Stecken-ein Grund für diese unvorstellbar grausame Katastrophe wird wohl in der endlosen Profitgier all jener zu suchen sein die da fleißig am Geld-Kuchen mitschneiden. Aber so wie`s aussieht waren wohl nur- und ausschließlich die 155 Toten selbst schuld an ihrem Schicksal. Diesen Eindruck gewinnt man wenn man Tag für Tag diesen Prozeß mitverfolgt.

COCACOLABÄR DU HAST RECHT
nestroytscherl, vor 2h 24min
WER ein REINES GEWISSEN hat,der hat es auch nicht notwendig zu schweigen....!!!

@NESTROYTSCHERL
cocacolabär, vor 2h 16min
So ist es!!! Der Herr Beamte hat sich in keinem guten Licht präsentiert. Kann sein daß ihm das noch auf den Kopf fällt. Es gab keinen Anlaß so aggressiv und unwillig zu antworten...außer vielleicht das eigene Gewissen?

LIEBER COCACOLABÄR
nestroytscherl, vor 2h 37min
So ist es. Die Angehörigen der Opfer und die Überlebenden "fahren ein zweites mal durch den Tunnel".Richter Sass ist ein brillianter Vorsitzender,und die Staatsanwältin nicht minder intelligent. Besonders gefiel mir ihre Frage nach dem "Hausverstand" eines der Angeklagten. Offensichtlich sind alle 16 durch die Bank so von sich eingenommen,daß ich mich frage wie hoch oder wie niedrig der Moralpegel einzelner Angeklagter ist. Das Schweigen der Angeklagten auf Fragen gegenüber Angehörigen von Opfern ist ein sehr sehr sehr "beredtes Schweigen". Auch diese Art von "Stille"kann viel aussagen. Wer hören will,der höre. Mit freundlichen Grüßen Nestroytscherl

 

Liebes Nestroytscherl!
cocacolabär, vor 2h 30min
Ich bin völlig Deiner Meinung. Für die schmerzerfüllten Angehörigen muß dieser Prozeß eine ungeheure Belastung darstellen. Das Schweigen der Angeklagten gegenüber den Fragen der Angehörigen spricht für sich selbst und macht für Prozeßbeobachter und die Öffentlichkeit keinen guten Eindruck . Nur wer wirklich ein reines Gewissen hat, kann auch sachliche Fragen ohne weiteres beantworten.

DIE BERÜHMTESTEN
nestroytscherl, vor 3h 12min
Unschuldigen seit Pontius Pilatus!KEINER!!!KEIN EINZIGER ist auch nur ansatzweise bereit zur Klärung des Falles effektiv beizutrage. Das Allerschlimmste ist der Hochmut und die Arroganz den fragenden Überlebenden und Angehörigen der Opfer gegenüber. Schuld ist nicht nur eine juristische sondern vor allem auch eine moralische Frage.Ich hoffe,daß hier nicht der berühmte Ausspruch von Pilatus geltend wird:"Ich wasche meine Hände in Unschuld". SO GANZ SICHER NICHT!!!

GUT GEBRÜLLT
cocacolabär, vor 2h 51min
nestroytscherl! Von Anfang herrscht in dem Prozeß kollektive Amnesie. Es wird von den 16 Beschuldigten alles getan um den Prozeßverlauf zu erschweren. Ein Hohn gegenüber den 155 unschuldigen Todesopfern und deren Angehörigen. Den Ausspruch von Pontius Pilatus finde ich sehr passend. Aber mir fallen auch noch zwei andere ein: "JEDER IST SICH SELBST DER NÄCHSTE". "ZUERST KOMMT DAS FRESSEN UND DANN DIE MORAL".

straycat, vor 4h 13min
Ich frage mich was an dem Verhalten des Mannes so skandalös sein soll. Es stimmt ja wohl, dass sich der Beamte in Wien auf das Urteil von Gutachtern verlassen muss, oder? Wenn man ein Auto anmeldet, muss sich die Behörde auch auf den Prüfbericht von der Werkstatt verlassen und kann nicht selber nachschauen, ob die Karre nicht vielleicht doch verrostet ist.

> straycat - von der Lebensrealität abgehobene
luginsland, vor 3h 56min
Justizler sind halt empfindlich ;-)

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Salzburger Nachrichten

Beschuldigte können sich nicht an Heizung erinnern
01. Juli 2002

Kaprun-Prozess: Monteure des Hydrauliksystems hätten Leitungen aus Platzmangel nicht so nahe an Heizlüfter montiert. Tumult am Nachmittag.

SALZBURG (SN, APA). Mit der Einvernahme von zwei Monteuren der Firma Rexroth wurde am Montag der Prozess um die Seilbahnkatastrophe von Kaprun fortgesetzt. Die beiden Beschuldigten, die laut Strafantrag für den zu geringen Abstand zwischen den von ihnen verlegten Hydraulikleitungen und dem im Führerstand der Gletscherbahn eingebauten Heizlüfter verantwortlich sind, gaben an, sich an keinen Heizkörper erinnern zu können. Das Gerät sei möglicherweise - ebenso wie "viele andere Verkleidungsteile" - für die Montagearbeiten ausgebaut gewesen, sagte ein 35-jähriger Rexroth-Mitarbeiter zu Einzelrichter Manfred Seiss.

Hydraulikleitungen im Nahbereich eines Heizlüfter würde er "nicht als Gefahr" betrachten, wenn die Leitungen (wie im Fall der Kapruner Gletscherbahnen, Anm.) auf "der kalten Seite" des Gerätes verlaufen, so der Beschuldigte weiters. Damals habe er die Heizung nicht als gefährlich wahrgenommen, "jetzt sehe ich es anders", meinte hingegen sein 36-jähriger Kollege.

Unter Vorhalt eines Bildes aus einem Sachverständigengutachten, auf dem die Lage der Leitungen ersichtlich ist, meinte der 36-Jährige: "Jeder, der Erfahrung hat, würde die Leitungen nie so knapp am Heizlüfter verlegen." Bei der am Bild erkennbaren Art des Leitungsverlaufes gebe es - neben dem Heizgerät - zu wenig Platz für die Montagearbeiten, so der Monteur. "Wenn der Heizkörper da gewesen wäre, hätte Verletzungsgefahr bestanden", erläuterte der 35-jährige Monteur.

Bereits am Freitag hatte ein weiterer Beschuldigter - ebenfalls ein Monteur der Firma Rexroth - ausgesagt, dass es auf diesem Bild für ihn so aussähe, als wäre der Heizlüfter erst im Nachhinein eingebaut worden.

Während seiner Tätigkeit als Hydraulikmonteur habe er noch nie einen Haarriss in einer Hydraulikleitung erlebt, erklärte der 35-jährige Beschuldigte. Auch ein "Schwitzen" der Leitungen sei bei Hydraulikanlagen, die - wie bei der Kapruner Stollenbahn - unter einem Druck von 180 Bar stehen - ausgeschlossen: "Die Leitung würde herausgerissen werden."

Bei den Montagearbeiten habe man sich an den Schaltplan gehalten, wo konkret die Leitungen dann verlegt werden sollten, sei gemeinsam mit Mitarbeitern der Kapruner Gletscherbahnen an Ort und Stelle entschieden worden, schilderte der 35-Jährige. "Bei sehr vielen Anlagen werden elektrische neben hydraulische Leitungen verlegt, bis jetzt war das noch nie ein Problem", sagte der Beschuldigte auf die Frage von Staatsanwältin Eva Danninger-Soriat, ob der Hausverstand nicht eine Anbringung neben einer Zündquelle verbiete.

Zu einem Tumult im Verhandlungssaal kam es bei der Vernehmung jenes Beamten des Verkehrsministeriums, der 1994 die eisenbahnrechtliche Bewilligung der Kapruner Standseilbahn erteilt hat. Durch die "Art und Weise" wie der Beschuldigte die Fragen der Staatsanwältin beantworte, fühle er sich persönlich angegriffen, beschwerte sich Privatbeteiligtenvertreter Johannes Stieldorf, der bei der Brandkatastrophe in Kaprun seinen Sohn verloren hat, und erntete damit den Beifall der Angehörigen. "Auch mir hat Ihr Ton nicht gefallen, Sie wirken ziemlich unwillig", so Einzelrichter Manfred Seiss zum Beschuldigten. Er forderte gleichzeitig alle Anwesenden auf, sich ruhig zu verhalten. Die Frage des Brandschutzes sei kein Thema bei Seilbahnüberprüfungen gewesen, erklärte der juristische Beamte. "Brände kennt man nicht bei Seilbahnen, deshalb hat sich die Verwaltungspraxis so entwickelt." Während der letzten zehn Jahre seien "nie Brandschutzsachverständige" bei Umbauten wie jenen an der Kapruner Gletscherbahn beigezogen worden. Seine Aufgabe sei es lediglich gewesen, die Verkehrssicherheit der Standseilbahn zu bestätigen: "Das heißt, ob der Wagen ohne Störung von der Berg- zur Talstationen fährt", stellte der Beschuldigte fest. Für Sicherheit sei er nicht zuständig gewesen. An den Sicherheitseinrichtungen der Bahn habe sich zudem durch die neuen Wagenaufbauten "nichts geändert", deshalb "mussten sie nicht überprüft werden", so der Jurist bei der Befragung durch Staatsanwältin Eva Danninger-Soriat. Für die Wahrung des jeweiligen Standes der Technik - entsprechend den Seilbahnbedingnissen aus dem Jahr 1976 inklusive sämtlicher seither erfolgter Auflagen - seien allein Hersteller sowie Betreiber verantwortlich. "Es kann nicht sein, dass die Behörde alles überprüft", sagte der Angeklagte. Ob man nicht daran gedacht habe, dass ein Passagier möglicherweise das Rauchverbot missachte und mit einer brennenden Zigarette einen Brand verursachen könnte, wollte Danninger-Soriat zum Thema Brandschutz weiter wissen. "Bitte nicht solche Fragen stellen, weil die kann man nicht beantworten. Ich kann doch nicht Gesetzesverletzungen Dritter vorhersehen. Rauchverbotsschilder waren da, und mehr kann man nicht machen", so der Beamte. Bei der konkreten Überprüfung der Kapruner Standseilbahn seien zwei Beamte - ein Seilbahn- sowie ein Elektrotechniksachverständiger - dabei gewesen und hätten die Bahn auf ihre Errichtung gemäß dem Baubescheid kontrolliert. Dabei würden eingebaute Teile stichprobenartig untersucht. Er selbst, der den Zug nicht selbst gesehen und insgesamt "nur für zwei Tage" an dieser Bahn gearbeitet habe, habe die Betriebsbewilligung in seinem Büro in Wien ausgestellt, so der Beschuldigte. Dass die Wagenaufbauten nicht wie in den Einreichunterlagen zur Gänze aus Aluminium, sondern teilweise aus glasfaserverstärktem Kunststoff errichtet wurden, habe er nicht wissen können. Und: "Hätte ich von der Dichtungswolle und den Holzverbauten vor dem Heizlüfter erfahren, hätte ich die Anlage sofort gesperrt und einen Brandschutzsachverständigen bestellt", beteuerte der Angeklagte.

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