salzburg.orf.at
9. Juli 2002
Zeugen sagen aus
Beim Prozess um die Gletscherbahnkatastrophe von Kaprun sagten heute, Dienstag, die ersten fünf Zeugen aus. Ein Betriebselektriker der Bahn schilderte, wie er das Unglück in der Bergstation erlebt hatte.
"Wir konnten nichts tun"
Er sei an jenem 11. November am Gletscher gewesen, erzählte der Betriebselektriker der Gletscherbahn, als er den verzweifelten Funkspruch nach dem Betriebsleiter gehört hatte. Aufgrund der Verzweiflung in der Stimme des Funkers, des Maschinisten in der Bergstation, sei er dann auch in den Maschinenraum gelaufen. Dort sei gerufen worden "der Zug brennt".
Man habe jedoch nichts für die Waggons im Stollen tun können, niemand habe gewusst, ob sich die Fahrgäste noch im Waggon der Kitzsteingams oder im Tunnel aufhielten, schilderte der Mann.
"Ich rannte um mein Leben"
Der Wagenbegleiter des Gletscherdrachen habe über Funk mehrmals um Hilfe gebeten, er würde durch die durch den Tunnel heraufziehenden Rauchgase ersticken. Doch dann folgte ein Stromausfall. Damit habe man auch diesen Menschen nicht helfen können.
Dann sei der Rauch aus dem Stollen gekommen, so schnell und dicht, als würde man das Licht ausschalten. Da sei er nur mehr um sein Leben gerannt und habe es mit viel Glück noch ins Freie geschafft, schilderte der Elektriker.
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Salzburger Nachrichten
Zeugeneinvernahmen im Kaprun-Prozess fortgesetzt
09. Juli 2002
Mitarbeiter der Gletscherbahnen: Haben weder Öl-, noch Brand- noch Rauchgeruch wahrgenommen.
SALZBURG (SN, APA). Mit der Vernehmung von drei Mitarbeitern der Gletscherbahnen wurde am Dienstag die Zeugenbefragung beim Kaprun-Prozess im Salzburger Kolpinghaus fortgesetzt. Alle drei führten aus, sie hätten niemals Öl-, Brand- oder Rauchgeruch bemerkt. Es seien regelmäßige Revisionen durchgeführt worden, auch sonst habe es habe keine nennenswerte Zwischenfälle gegeben.
Besonders drastisch schilderte ein Elektriker, der am 11. November 2000 Dienst gehabt hatte, als Augenzeuge den Unfallhergang: "Ich hätte nie gedacht, dass alles so schlagartig geht und sich ein Brand so rasant ausbreitet."
Im Mai 2002 habe es einmal eine Störung gegeben, doch ein "technischer Defekt" sei ihm nicht in Erinnerung, sagte der Zeuge. Am Unglückstag sei er noch mit der Standseilbahn auf den Gletscher gefahren, doch sei ihm nichts Besonderes aufgefallen. Geräusche habe er nicht vernommen, sagte der 25-jährige Angehörige der Pistenrettung, der teilweise auch als Wagenbegleiter agierte. Er sei beim Ausbau der Heizlüfter dabei gewesen - aber Auffallendes hat er ebenso wenig bemerkt wie die anderen beiden Zeugen, die nach ihm einvernommen wurden. Ja, der Heizstrahler sei schon eingeschaltet gewesen, aber "auch nur, wenn uns kalt war".
Schmutz habe es weder in den Führerständen oder im Stollen ("der war nicht schmutzig, da würden Sie mich ja beleidigen") gegeben, erklärte ein 61-jähriger Pensionist, der seit 1980 für die Gletscherbahnen arbeitete und unter anderem damals für Überprüfung im Tunnel zuständig war. Ihm seien weder ölgetränkte Bretter noch irgendetwas im Wagenführerstand aufgefallen.
Zwei oder drei Tage nach der Katastrophe hätten ein Kollege und er die Lärchenbretter und den Heizstrahler ausgebaut. "Meine Handschuhe waren nur schmutzig und nicht ölig, sonst wäre mir ja der Schraubenzieher aus der Hand gefallen", erläuterte der Zeuge auf Befragung. "Außerdem hab' ich sie ja weiter verwendet, ölige hätte ich weggeworfen." Ja, es sei einmal erzählt worden, dass es beim Betrieb Stillstände gegeben habe - das wisse er allerdings nur vom Stationswart, sagte der 61-Jährige.
"Es wurde alles kontrolliert, was bei einer Revision vorgeschrieben ist", erklärte ein 50-jähriger Elektriker und Maschinist. Ein Brand sei auch nie ein Thema gewesen. Als es am 11. November 2000 zu dem Stromausfall mit den verheerenden Folgen gekommen sei, sie alles ganz schnell gegangen.
"Anfangs haben haben wir gedacht, es handelt sich um einen kompletten Stromausfall. Es ist nur ein bissl leichter Rauch herausgezogen, vom Führerstand hat's dann geheißen 'tut's wos obn', wir ersticken herunten. Auf einmal ist der Rauch so dicht und es ist so dunkel geworden, wie wenn man in ein Zimmer tritt und du plötzlich das Licht ausdrehst."
Zum Umschalten auf den Notantrieb sei man gar nicht mehr gekommen, schilderte der Zeuge. Er selbst habe auch nur entkommen können, weil er die Gegebenheiten und den Fluchtweg (Luftschleuse) ooben kannte.
Auch jener Stationswart und Betriebselektriker, der etwa ein halbes Jahr vor der Katastrophe die beiden Heizstrahler in den bergseitigen Führerständen der zwei Züge ausgetauscht hatte, gab am Montag an, in den Zügen keine Ölflecken am Boden bemerkt zu haben. Beim ersten Heizlüfter sei der Motor abgebrannt, schilderte er. Daraufhin seien gleich vier neue Geräte bestellt worden.
Der zweite Strahler sei einige Zeit später "nur so defekt" gewesen, aber nicht abgebrannt. Beim Ausbau habe er die Strahler auch zerlegen müssen. Eine Verunreinigung habe er in den Strahlern nicht feststellen können. Die beiden Geräte in den talseitigen Führerständen habe er danach "augenscheinlich kontrolliert". Mängel habe er dabei nicht bemerkt.