salzburg.orf.at
11. Juli 2002
Haben Beamte Beweise unterdrückt? Knalleffekt beim Kaprun-Prozess: Verteidiger Peter Lechenauer wirft dem Leiter der Kriminaltechnischen Zentralstelle Unterdrückung von Beweismitteln vor. Ein Beamter ist mit einem Kofferraum voll teilweise unbekannter Akten zur Verhandlung gekommen. |
Unterlagen werden noch ausgewertet
Die Beamten der Kriminaltechnischen Zentralstelle im Innenministerium standen im Mittelpunkt der Verhandlung in Linz. Diese waren die ersten am Brandort im Gletscherbahntunnel. Einer dieser Zeugen hat in seinem Auto auch noch elf Ordner mit neuen Akten zu den Ermittlungen nach Linz mitgebracht.
Unter ihnen seien auch Dokumente, die nicht im Gerichtsakt aufschienen, befand Richter Manfred Seiss nach einer ersten Sichtung. Dieses Akten sollen in der Sommerpause des Prozesses genauer ausgewertet werden.
"Hätten Beweise selbst besorgen können"
Das Beweismaterial sei den vom Gericht bestellten Gutachtern nicht zur Verfügung gestanden, weil diese mit dem Innenministerium nicht mehr zusammenarbeiten wollten, sagte Volker Edlinger, Leiter des KTZ. Die Zusammenarbeit seiner Mitarbeiter mit den Sachverständigen sei beendet worden, die Gutachter hätten sich deshalb diese Unterlagen ja selbst besorgen können, so sein Argument.
Als ihm Staatsanwältin Eva Danninger-Soriat vorwirft, er habe in einem Schreiben an die Untersuchungsrichterin bestätigt, alle Unterlagen vorgelegt zu haben, meint Edlinger nur lakonisch: "Dazu sage ich nichts mehr".
Großer Andrang in Linz
Andere Brandursache?
Für Strafverteidiger Wilfried Haslauer ist das Verhalten der Ermittler des KTZ ein Skandal: "Die Untersuchungen über die Unfallursache basieren auf Vermutungen, basieren auf einem intakten Vergleichszug. Und wir wissen bis heute nicht, ob in diesem Vergleichszug die Verhältnisse ident waren zum abgebrannten Zug. Wenn die Beamten als erste nach dem Unglück Beweise aufgenommen haben und diese Beweise nicht in die Gutachten aufgenommen wurden, könnte es sein, dass diese Gutachten letztlich ein anderes Ergebnis haben."
Denn im bereits vorgelegten Untersuchungsbericht der KTZ werden fünf mögliche Zündquellen für den Brand angegeben, nicht nur der Heizlüfter.
Fagan kommt nicht zur Aussage
Reaktionen:
Der Heizlüfter wars sicher nicht!
Liebe Nestroytscherl!
@piepmatz66 - DER UNTERSTELLER
@cocacolabär
WERTER SETTLER
Sakra!
zu ed fagan ...
piepmatz 66
justice hat recht ...
JUSTICE DU STÜCK UNMENSCH
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Salzburger Nachrichten
11. Juli 2002 | 20:06
Überraschung im Kaprun-Prozess
Nach einer ersten Sichtung meinte Richter Manfred Seiss, dass die Unterlagen "für das Verfahren von Relevanz sein dürften". Im Zeugenstand wurden insgesamt sieben Mitarbeiter der KTZ befragt. Der Verteidiger Peter Lechenauer beantragte am Nachmittag, das Protokoll der heutigen Verhandlung an die Staatsanwaltschaft zu übermitteln. Vorher hatte er den Zeugen darauf hingewiesen, dass Unterdrückung von Beweismitteln mit Freiheitsstrafe zu ahnden ist.
Alle befragten Zeugen antworteten, dass nun alle Unterlagen bei Gericht seien. Es würden seitens seiner Dienststelle nie Akte übermittelt, sondern immer nur Untersuchungsberichte, das stellte der Zeuge Fritz Krone, klar. Der Untersuchungsbericht der KTZ habe fünf Seiten umfasst, gab er an. Er bestätigte, dass bei den Untersuchungen noch vieles offen geblieben sei.
In den heute vorgelegten Ordnern befänden sich unter anderem Pläne, die man bei Herstellerfirmen im Nachhinein angefordert habe, meinte der Leiter der KTZ, Volker Edlinger. Man sei der Meinung gewesen, dass sich die Sachverständigen diese Unterlagen besorgt haben. "Das ist ja nicht üblich, dass Pläne, die sich jeder besorgen kann und von denen wir annehmen, dass sie die Sachverständigen haben, weitergeleitet werden", meinte Edlinger auf Fragen der Staatsanwältin.
Eine ganze Reihe an Absagen musste der Richter bei den für Freitag geladenen Zeugen hinnehmen. Von elf Zeugen - alles Überlebende des Unglücks - hatten sich neun mit dem Hinweis auf die psychische Belastung entschuldigt.
Lokalaugenschein des Gerichts in Linz
LINZ (SN, APA). Vor der Kulisse der verrußten Standseilbahn-Garnitur "Gletscherdrachen" wurde am Donnerstag in einer VOEST-Industriehalle in Linz der Kaprun-Prozess mit einem Lokalaugenschein fortgesetzt. Mitarbeiter des Kriminaltechnischen Zentrums (KTZ) wurden als Zeugen gehört. Diese Personen waren als erste Ermittler im Tunnel der Gletscherbahn gewesen.
Hinter der erhalten gebliebenen Zugsgarnitur war das Brandrelikt des Unglückszugs zu sehen. Abgebrannte Kerzen und vertrocknete Blumen erinnerten an die Menschen, die am 11. November 2000 beim Brand in der Standseilbahn in Kaprun ums Leben gekommen waren. Rund zwei Dutzend Angehörige der Opfer hatten den Weg zum Lokalaugenschein auf sich genommen, um die Verhandlung in der kahlen Industriehalle, wo die ausgebrannte "Kitzsteingams" sowie die erhalten gebliebene Zugsgarnitur gelagert werden, mit zu verfolgen. (Archivbild: SN/Ratzer)
Zu Beginn des 14. Verhandlungstages berichtete Richter Manfred Seiss, dass sich zwei Zeugen - sie waren unter den zwölf Überlebenden des Unglücks und für Freitag geladen - entschuldigt hätten. Ein Erscheinen sei ihnen psychisch nicht möglich, erklärte der Richter. Überlebende des Unglücks sollen laut Verhandlungsplan ab Donnerstagnachmittag als Zeugen befragt werden.
Rätselraten herrschte auch um das Erscheinen des US-Anwalts Ed Fagan. Er war zu Beginn des Prozesses am 18. Juni als Zeuge beantragt worden und hätte am Donnerstag nach Linz kommen sollen. Vor zwei Tagen habe ihm Fagan mitgeteilt, dass er nicht wisse, ob er kommen werde, sagte Seiss am Rande der Verhandlung.
Aufregung verursachten am Donnerstagvormittag neu aufgetauchte Unterlagen, die der Zeuge Herbert Gram, Brand- und Explosionsursachenermittler des Kriminaltechnischen Zentrums (KTZ), im Kofferraum seines Autos nach Linz mitgebracht hatte. Elf Ordner und eine braune Schachtel - Fotos, Dokumente und Videos, die vom KTZ stammen - wurden unter Beisein des Richters in den Verhandlungssaal gebracht.
Rechtsanwalt Wolfgang Schubert beantragte, die Verhandlung bis zur Sichtung der Unterlagen zu unterbrechen. Ein Antrag, dem sich auch die anderen Verteidiger anschlossen. Nach einer ersten Sichtung gab Seiss bekannt, dass sich unter den Materialien Dokumente befinden, die nicht im Gerichtsakt seien und "für das Verfahren von Relevanz sein dürften". Auch Sachverständige meinten, dass die Unterlagen unbedingt gesichtet werden müssten. Die Verhandlung wurde mit der Einvernahme von weiteren Zeugen des KTZ fortgesetzt. Immer wieder wurde dabei die Frage nach weiteren Unterlagen gestellt.
"Warum wurden die Unterlagen erst heute vorgelegt?", wollte Staatsanwältin Eva Danninger-Soriat vom Zeugen Andreas Kocun (KTZ) wissen. Er habe damit nichts zu tun gehabt - Unterlagen seien dem Landesgendarmeriekommando Salzburg laufend zugesandt worden. Kocun war ab 12. November 2000 bei den Ermittlungen im Tunnel dabei gewesen. Seine Aufgabe sei es gewesen, die Lage des Zuges und der Verunglückten festzustellen. Es sei auch um eine Eingrenzung des Brandherdes gegangen.
Sein Kollege Christian Tisch, ein Maschinenbautechniker, hatte den als Unglücksursache in Frage kommenden Heizlüfter untersucht. Er habe Anweisung gegeben, den Lüfter auszubauen, bestätigte der Zeuge. Das Gerät habe er nicht im Detail untersucht, es sei sichergestellt worden. "Wir haben den Bereich, von wo das Feuer ausgegangen ist, ausgegrenzt. Die genaue Zündquelle wurde von uns nicht festgestellt. Das war uns in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich."
Zuvor hatten Verteidiger erneut den Sachverständigen Anton Muhr abgelehnt. Er hatte bei der Befragung des Zeugen Gram Fotos vorgelegt, die nicht im Gerichtsakt waren. Die Unbefangenheit des Gutachters sei in Zweifel zu ziehen. Richter Seiss gab diesem Antrag keine Folge, er könne keine Befangenheit erkennen. Der Sachverständige habe nicht wissen können, welche Dokumente in der Vollanzeige des Landesgendarmeriekommandos enthalten seien.
"Das ist bis auf das letzte Blatt alles, das wir gesammelt haben." So antwortete der Leiter der KTZ, Volker Edlinger, am Nachmittag auf Befragen von Richter Seiss, ob die KTZ noch weitere Unterlagen habe. Man sei der Meinung gewesen, dass sich die Sachverständigen diese Unterlagen ohnehin selbst besorgt hätten.
Ermittlungsergebnisse habe man selbstverständlich an die Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos Salzburg weitergeleitet, doch in den Ordnern befänden sich Pläne, die seine Mitarbeiter im Nachhinein von Herstellerfirmen im Nachhinein angefordert hätten. "Es ist ja nicht üblich, dass Pläne, die sich jeder besorgen kann und von denen wir annehmen, dass sie die Sachverständigen haben weitergeleitet werden", meinte Edlinger auf Frage von Staatsanwältin Danninger-Soriat.
Bei einer Besprechung am Landesgericht Salzburg etwa zwei Wochen nach dem Unglück sei festgestellt worden, dass die KTZ mit den Sachverständigen zusammenarbeite. "Das Gefühl hatte ich", meinte Edlinger. Im Hinterkopf habe er aber schon geahnt, dass es schwierig werden könnte. Als später Mitarbeiter seiner Dienststelle daran gehindert wurden, die VABIO-Halle zu betreten, habe man gewusst, "dass unsere Arbeit nicht mehr gewünscht war".
Schon bei den Fragen an die vorangegangenen Zeugen war mehrmals von Behinderungen der KTZ durch die Sachverständigen die Rede gewesen. Zwei Zeugen bestätigten diesen Vorwurf nicht: Sie seien bei ihren Arbeiten nicht behinderten worden. Der Zeuge Christian Tisch hingegen sagte, dass man ihm erklärt habe, dass es für die Halle ein Betretungsverbot gebe: Es könne erst nach dem Abschluss der Arbeiten der gerichtlich bestellten Gutachter untersucht werden, habe man ihm mitgeteilt.
Verteidiger Peter Lechenauer beantragte im Verlauf der Einvernahme des Zeugen Edlinger ein Protokoll der Verhandlung von heute, Donnerstag, der Staatsanwaltschaft zu übermitteln. Vorher hatte er den Zeugen darauf hingewiesen, dass Unterdrückung von Beweismitteln mit Freiheitsstrafe zu ahnden sei.
Der Zeuge Franz Bind erklärte, dass er bei seinen Untersuchungen die Stellung der Türblätter festzustellen gehabt habe. Die Türen bergwärts seien seiner Ansicht nach geöffnet, die linksseitigen geschlossen. Er habe sich eine Kopie der Elektrounterlagen aufgehoben, die Originale befänden sich im Akt.
Auf die Frage des Gutachters Edwin Engel, ob er einen Heizlüfter der Marke "Fakir" angefordert habe, sagte der Zeuge "Ja". War eine Gebrauchsanweisung dabei? "Ja, natürlich." Diese sei auch bei den Unterlagen, die heute vorgelegt worden. Außerdem sei diese schon an das Landesgendarmeriekommando und das Landesgericht übersandt worden. Bind bestätigte auch, dass er und seine Kollege in der Halle keine Untersuchungen machen konnten.
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Überraschung im Kaprun-Prozess
:Neue Unterlagen Verteidiger verlangte Übermittlung des Verhandlungsprotokolls Große Aufregung verursachten heute, Donnerstag, Unterlagen, die von der kriminaltechnischen Zentralstelle (KTZ) beim Kaprun-Prozess vorgelegt wurden. Der erste Zeuge, ein Mitarbeiter der KTZ, hatte in seinem Kofferraum elf Ordner und einen Karton mit Fotos und Videos vom Lokalaugenschein in der VABIO-Halle in Linz mitgebracht.
Nach einer ersten Sichtung meinte Richter Manfred Seiss, dass die Unterlagen "für das Verfahren von Relevanz sein dürften". Im Zeugenstand wurden am Donnerstag insgesamt sieben Mitarbeiter der KTZ befragt. Der Verteidiger Peter Lechenauer beantragte im Laufe des Nachmittags, das Protokoll der heutigen Verhandlung an die Staatsanwaltschaft zu übermitteln. Vorher hatte er den Zeugen darauf hingewiesen, dass Unterdrückung von Beweismitteln mit Freiheitsstrafe zu ahnden ist.
Alle befragten Zeugen antworteten, dass nun alle Unterlagen bei Gericht seien. Es würden seitens seiner Dienststelle nie Akte übermittelt, sondern immer nur Untersuchungsberichte, das stellte der Zeuge Fritz Krone, Mitarbeiter der KTZ und im Fall von Kaprun als Aktenführer zuständig, klar. Der Untersuchungsbericht der KTZ habe fünf Seiten umfasst, gab er an. Er bestätigte, dass bei den Untersuchungen noch vieles offen geblieben sei.
In den heute vorgelegten Ordnern befänden sich unter anderem Pläne, die man bei Herstellerfirmen im Nachhinein angefordert habe, meinte der Leiter der KTZ, Volker Edlinger. Man sei der Meinung gewesen, dass sich die Sachverständigen diese Unterlagen besorgt haben. "Das ist ja nicht üblich, dass Pläne, die sich jeder besorgen kann und von denen wir annehmen, dass sie die Sachverständigen haben, weitergeleitet werden", meinte Edlinger auf Fragen der Staatsanwältin.
Eine ganze Reihe an Absagen musste der Richter bei den für Freitag geladenen Zeugen hinnehmen. Von elf Zeugen - alles Überlebende des Unglücks - hatten sich neun mit dem Hinweis auf die psychische Belastung entschuldigt. Auch der US-Anwalt Ed Fagan, der ursprünglich für Donnerstag als Zeuge angekündigt war, blieb fern.