salzburg.orf.at
12. Juli 2002
"Enorme Hilfe" für Verfahren in Amerika
Die Akten, die die Beamten des Kriminaltechnischen Zentrums am Donnerstag beim Kaprun-Prozess vorgelegt haben, wären eine "enorme Hilfe" für ein Verfahren in Amerika. Das sagt Jürgen Hinterwirth, Partner von Ed Fagan in Österreich.
"Keinen besseren Trumpf"
Fagan hatte schon vor Monaten angeblich verschwundenes Beweismaterial eingefordert. Im Begehren seines Salzburger Anwaltskollegen Hinterwirth wurde schon im Mai die Herausgabe des KTZ-Materials aus Wien verlangt - damals allerdings vergeblich:
"Das ist leider wieder einmal der Beweis für Österreich, dass Vorerhebungen nicht so durchgeführt werden, dass alles bestens und ordnungsgemäß ist", sagt Hinterwirth, "Das ist bedauerlich, hilft für unser Zivilverfahren in Amerika aber enorm. Einen besseren Trumpf hätte man für die Entscheidung des US-Gerichtes, ob es die Zuständigkeit übernimmt, nicht liefern können."
Ermittlungen wegen aufgetauchter Akten
Staatsanwaltschaft: "Kritische Phase"
"Für uns ist es belanglos, wer die Anzeige erstattet. Jedenfalls kam gestern schon eine von einem Verteidiger der Beschuldigten. Sollte sich herausstellen, dass die KTZ Unterlagen nicht geliefert hat, dann kommen wir in eine kritische Phase", sagte Erster Staatsanwalt Friedrich Ginthör Freitagabend gegenüber der APA.
KTZ: "Keine Beweise unterdrückt" Die Kriminaltechnischen Zentralstelle im Innenministerium betont, beim Kaprun-Prozess keine Beweise unterdrückt zu haben. Trotzdem hat ein Verteidiger die Beamten angezeigt und auch das Landesgericht will eine Untersuchung zur Vorgangsweise. |
"Eklat, der mich bestürzt"
Ginthör ist über das Verhalten der Beamten der Kriminaltechnischen Zentralstelle KTZ im Innenministerium in Wien empört. Ein Beamter hatte ja in seinem Kofferraum elf Ordner und eine Schachtel mit teilweise unbekannten Akten zum Prozess mitgebracht:
"Das ist ein Eklat, der mich bestürzt, weil wir bei der Anklage-Erhebung davon ausgegangen sind, dass der Gerichtsakt vollständig ist. Welcher Art die in Linz aufgetauchten Akten sind, kann ich nicht beurteilen. Wenn darin aber Unterlagen sind, die nicht ans Gericht gekommen sind, ist das skandalös."
"Duplikate und Schaltpläne" Bei den Dokumenten handle es sich lediglich um "Duplikate und Ablichtungen von frei zugänglichen Schaltplänen", die sich die Beamten für weitere Fälle angefertigt hätten, um auf die Erfahrungen zurückgreifen zu können, verteidigt sich Chefinspektor Robert Sturm im Innenministerium. Den Beamten sei nichts vorzuwerfen, sagt Sturm: "Sie sind davon ausgegangen, dass sie sowieso frei zugänglich sind." Von einer "Unterdrückung von Beweismitteln" könne man daher nicht sprechen. Der Chefinspektor räumte aber ein, dass die Kommunikation "nicht sehr glücklich" gewesen sei. http://salzburg.orf.at/oesterreich.orf?read=detail&channel=5&id=211993Haben Beamte Beweise unterdrückt? |
Grafinger richtet formelle Anfrage an Strasser
Causa kommt ins Parlament
Prozess wird länger dauern
Konkurrenz zwischen Ermittlern und Gutachtern?
Verteidiger erstattet Anzeige
"Kopfüber gesprungen"
Nach neun Absagen vom Donnerstag war am Freitag ein zehnter Überlebender der Katastrophe vom 11. November 2000 bereit, das Gletscherbahn-Unglück vorort zu schildern.
Nach einer ersten Befragung begab sich das Gericht in den stark verrußten zweiten Zug, um sich die Situation während des Unglücks vom Zeugen schildern zu lassen. Zuvor hatten alle Verfahrensbeteiligten blaue und weiße Schutzanzüge angezogen.
Explosion und Druckwelle
Volker Kohl, ein Krankenpfleger aus Vilseck, berichtete in der Befragung von einer Explosion, die er nach der Flucht aus dem Zug gehört habe. Außerdem habe es eine starke Druckwelle gegeben. Danach habe er auch einen zweiten "dumpfen Knall" bemerkt, sagte der Zeuge. Der Krankenpfleger war einer von insgesamt elf für Freitag geladenen Zeugen. Bis auf einen weiteren sagten alle anderen Überlebenden der Katastrophe aus "psychischen Gründen" ab. |
Als einer der Letzten eingestiegen
Er sei als einer der Letzten in das letzte talseitige Abteil gestiegen, sagte der Zeuge. Zunächst wäre alles unauffällig gewesen. Nach einem Halt im Tunnel habe man wenig später Rauchgeruch wahrgenommen.
Rauch und Flammen
Der Rauch sei talwärts gesehen aus dem linken unteren Eck des Führerstandes gekommen. Außerdem habe er außen links einen Flammenschein gesehen.
Tür ließ sich nicht aufmachen
Er hätte gemeinsam mit den umstehenden Fahrgästen versucht, die Türen aufzubringen. Man habe nach Hebeln und Griffen gesucht, probiert, die Türen mit den Fingern oder Skistöcken aufzuzwängen. "Sie ist keinen Zentimeter aufgegangen", berichtete Kohl.
Fensterscheibe eingeschlagen
Danach habe man versucht, ein Fenster einzuschlagen. "Wir haben zu dritt mit Skiern voll draufgehämmert." Nach 30 bis 40 Schlägen sei es gelungen, ein kleines Loch in der Mitte der Scheibe zu schlagen. Mit den Händen habe man die Scheibe herausgebrochen und dann die zweite Schicht demontiert.
Mit Skischuhen ausgerutscht
Kopfüber sei er dann in den Tunnel gesprungen. "Es war ein schwarzes Loch." Das einzige Licht wäre der Zug gewesen. Dann habe er versucht, nach unten zu flüchten. Mit den Skischuhen wäre er immer wieder ausgerutscht.
Zwei Explosionen
Als er ein Stück vom brennenden Zug weg war, habe er eine erste Explosion wahrgenommen. "Es hat eine Druckwelle gegeben." Er habe sich an die Wand gepresst. Der zweite Knall habe etwa die gleiche Intensität gehabt.
Flucht ins Tal
Daraufhin sei er mit den anderen Überlebenden nach unten zum Tunneleingang geflüchtet. "Wir haben Angst gehabt, dass der Zug runterkommt."
16 Angeklagte
In dem Prozess soll geklärt werden, wer von den 16 Angeklagten möglicherweise Schuld an dem Unglück trägt. Hydrauliköl aus undichten Leitungen entzündete sich an einem Heizlüfter, der vorschriftswidrig eingebaut worden war.
Durch die "Kaminwirkung" im Seilbahntunnel stand der Zug blitzschnell lichterloh in Flammen. Für die meisten Ski- und Snowboardfahrer gab es kein Entrinnen.
Witti: Fagan vertrieben
Zum Schluss des Verhandlungstages legte Verteidiger Alexander Heinrich noch eine Urkunde des deutschen Anwaltes Michael Witti vor. In dieser eidesstattlichen Erklärung Wittis, die bei einem amerikanischen Gericht vorgelegt wurde, heiße es unter Punkt sechs, dass "Ed Fagan aus dem Strafverfahren vertrieben worden ist", zitierte Richter Manfred Seiss.
Er werde die Akten studieren und allenfalls einer strafrechtliche Beurteilung unterziehen, sagte der Richter. Am kommenden Montag wird der Kaprun-Prozess mit der Befragung weiterer Zeugen im Kolpinghaus fortgesetzt.
Reaktionen:
Liebe Traumfrauausmarzipan!
NO FRUST!
bei allem respekt
traumfrauausmarzipan, vor 2h 16min
aber ich finde es schon eine etwas seltsame art der hilfe an die angehörigen, wenn sie hier zu welchem zweck auch immer, posten. ich habe auch nicht sie gemeint, als ich von klugscheißen sprach, sondern allgemein diejenigen gemeint, welche sich über tote und deren angehörige lustig machen. so zum beispiel passiert, als es einen beitrag zu einem unfalltod eines 6jährigen gab. trotzdem muß ich schon feststellen, dass die art, wie sie auf mein posting reagieren, mich auch bedenklich stimmt. sie vermeinen hier auf einer öffentlichen site zu sein und meinen doch, andere belehren zu müssen. viell. sollten sie sich die statement besser durchlesen, bevor sie antworten? dennoch viel erfolg bei was auch immer.
ja, lieber Cocacolabär
einfanvondir, vor 2h 47min
deine Beträge zeugen aber nicht nur von persönlichen Frust, sondern von reißerischer Hetze und Spekulationen: WURDEN VIELLEICHT GAR FAHRGÄSTE UND cocacolabär, vor 1h 25min zugleich Dieselfässer hinauf transportiert? Kam es deshalb zu 2 Explosionen mit Druckwelle? AUSSAGE EINES ÜBERLEBENDEN! cocacolabär, vor 1h 34min Es hat zwei Explosionen mit Druckwellen gegeben. ES INTERESSIERT NIEMANDEN, cocacolabär, vor 2h 40min daß die Kommunikation "nicht sehr glücklich gewesen sei". Der Salzburger Gerichtspräsident verlangt vehement Aufklärung. Nimm Dich selber an der Nase, bevor du andere über dieses Forum aufklärst!
UNGLÜCK LÜCKENLOS AUFKLÄREN!
cocacolabär, vor 3h 31min
Es ist auch der Wunsch der Opfer-Angehörigen, daß das Unglück lückenlos aufgeklärt wird. Nirgend wo auf der Welt soll sich ein derartiges Unglück nochmals wiederholen können. Dies ist in diversen Medienberichten nachvollziehbar. Es macht keinen Sinn, persönlichen Frust in diesem Forum zu posten, sondern ist sogar gänzlich kontraproduktiv.
nochmal zu ihnen
traumfrauausmarzipan, vor 3h 3min
ich frage mich wirklich, was sie damit sagen wollen? mitleid mit den angehörigenist für sie persönlicher frust?? diesen hier öffentlich kundzutuin ist kontraproduktiv??? mir scheint, sie glauben, hier das alleinge sagen auf dieser site zu haben. wahrscheinlich sind sie ein mitarbeiter eines anwalts. es geht wohl jeder davon aus, dass es wunsch der angehörigen ist, dieses unglück aufzuklären. ob es deshalb nie wieder auf dieser welt passiert, sei dahingestellt...
aber gern, bärchen, ich lass meinen Frust
luginsland, vor 3h 1min
so wie du hier ab: ab sofort sind alle Flugzeugabstürze, Autobusunfälle etc. strikt verboten !
cocacolabär
morgaine28, vor 2h 43min
samma irgendein fagan-abkömmling?? nimm dich selbst nicht so wichtig!
@traumfrauausmarzipan
cocacolabär, vor 2h 38min
Nein, nicht Mitleid mit den Angehörigen bedeutet für mich Frust, sondern wenn Sie hier so gewisse Poster meinen. Nestroytscherl und ich haben da schon ausreichende Erfahrungen gesammelt. Ich hoffe, ich habe mich geirrt und meinten mit Mund halten und klugsch... nicht mich. Ich lasse mir von niemanden den Mund verbieten. Ich kann Ihnen bestätigen, ich verfolge in dem Forum einen guten Zweck, kann Ihnen aber leider nicht die näheren Gründe nennen, da dies ein öffentliches Forum ist. Ich bin kein Mitarbeiter eines Anwaltes, sondern ein Helfer der Opferangehörigen. Also ich kenne die Wünsche der Opferangehörigen sehr genau. Doch, ich bin davon überzeugt, wenn das Unglück aufgeklärt ist, wird man alles neu überdenken müssen: wirksame Sicherheitseinrichtungen, Brandschutz, Verordnungen, Bestimmungen usw.
ich habe gestern die homepage von
traumfrauausmarzipan, vor 3h 58min
simone w. besucht und geweint. eine bekannte von mir war eine gute freundin von ihr, aber als aussenstehende sieht man diese tragödie wohl sehr als schicksalschlag, den andere erlitten haben. nur wenn die opfer gesichter und geschichten bekommen, kann man ein bißchen nachvollziehen, was diese schwierige zeit für die angehörigen bedeutet. also sollte jeder, der sich nicht auskennt und nur klugscheißt, in dieser sache den mund halten und von postings zu diesem thema absehen. dankeschön.
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Salzburger Nachrichten
12. Juli 2002
SPÖ sieht "Erklärungsbedarf" zum Kaprun-Prozess
SALZBURG (SN, APA). Enormen Erklärungsbedarf und die Notwendigkeit einer lückenlose Aufklärung durch Inneminister Ernst Straser (VP) ortet die Salzburger SPÖ. "Der Minister ist den Trauernden und dem Rechtsstaat eine Erklärung schuldig", meinte der Klubobmann sowie stellvertretende Landesparteivorsitzende Walter Thaler, und NRAbg. Johann Maier hat eine parlamentarische Anfrage an den Innenminister eingebracht.
Das Verhalten der Kriminaltechnischen Zentralstelle (KTZ) in Wien hält Thaler für völlig inakzeptabel (siehe unten stehende Meldung). "Es genügt nicht, wenn Strasser seinen Chefinspektor die gestrigen Aussagen der Mitarbeiter der KTZ relativieren lässt. Wenn laut den gestrigen Aussagen die Ermittler nicht mehr zusammenarbeiten wollten, wenn in einem Schreiben bestätigt wird, dass alle Unterlagen vorliegen und dann Aktenberge auftauchen, wenn Richter Seiss die gestern aufgetauchten Unterlagen 'für das Verfahren relevant' und nicht im Gerichtsakt aufliegend erachtet, dann widersprechen sich gestrige Aussagen und Chefinspektor Sturm eklatant. Das gehört lückenlos aufgeklärt!"
"Das haben die Angehörigen der Opfer von Kaprun, deren Angehörige und die Überlebenden wahrlich nicht verdient", kritisierte SPÖ-Konsumentenschutzsprecher Maier. Der Abgeordnete brachte eine parlamentarische Anfrage an Minister Strasser unter dem Titel "Kaprunprozess - Beweismittel unterdrückt" ein.
"Der Innenminister ist aufgefordert, unverzüglich die notwendigen Maßnahmen in seinem Ressort zu ergreifen, die Kommunikation des Ressorts mit den Gerichten zu verbessern und im Sinne der Opfer der Katastrophe von Kaprun und deren Angehörige alles zu tun, um diese beschämenden Vorfälle aufzuklären", sagt Maier.
Salzburger Gerichtspräsident verlangt vehement Aufklärung
SALZBURG, WIEN (SN, APA). Im Kaprun-Prozess wurde von Seiten der Kriminaltechnischen Zentralstelle (KTZ) nach Angaben des Innenministeriumskeine Beweise unterdrückt. Bei den am Donnerstag plötzlich aufgetauchten Dokumenten handle es sich lediglich um "Duplikate und Ablichtungen von frei zugänglichen Schaltplänen", sagte Chefinspektor Robert Sturm am Freitag. Trotzdem sei eine interne Untersuchung angeordnet worden.
Die Spezialisten der KTZ wurden nach dem Unglück in Kaprun von der Kriminalabteilung Salzburg zur Unterstützung angefordert, um den Tatort genau zu inspizieren. Als die Abteilung ihre Arbeit beendet hatte, wurden "die Akten übergeben", erläuterte Sturm.
Für den eigenen Gebrauch wurden allerdings Duplikate angefertigt und Schaltkreise abgelichtet. "Sie sind davon ausgegangen, dass sie sowieso frei zugänglich sind", sagte Sturm. Von einer "Unterdrückung von Beweismittel" könne man daher nicht sprechen. Der Chefinspektor räumte aber ein, dass die Kommunikation "nicht sehr glücklich" gewesen sei.
Eine ganze Reihe an Absagen musste Richter Manfred Seiss von den für Freitag nach Linz zum Prozess (im Bild) geladenen Zeugen hinnehmen. Von elf Zeugen - alles Überlebende des Unglücks - hatten sich neun mit dem Hinweis auf die psychische Belastung entschuldigt. Auch der US-Anwalt Ed Fagan, der ursprünglich für Donnerstag als Zeuge angekündigt war, blieb fern.
© SN.
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News
Überlebender berichtete von Explosion in Kaprun Staatsanwaltschaft ermittelt gegen KTZ Gerichtspräsident verlangt Aufklärung vom Innenminister Nach dem Wirbel um die aufgetauchten Unterlagen zum Kaprun-Prozess wird nun von der Staatsanwaltschaft gegen die Kriminaltechnische Zentralstelle (KTZ) des Innenministeriums ermittelt. Derweil wurden zwei Überlebende des Unglücks vor Gericht als Zeugen vernommen.
"Für uns ist es belanglos, wer die Anzeige erstattet. Jedenfalls kam gestern schon eine von einem Verteidiger der Beschuldigten. Sollte sich herausstellen, dass die Zentralstelle Unterlagen nicht geliefert hat, dann kommen wir in eine kritische Phase", sagte Erster Staatsanwalt Friedrich Ginthör Freitagabend. Sollte Beweismaterial zurückgehalten worden sein, dann wäre dies ein "Skandal", so Ginthör.
Strasser soll Probleme aufklären
Ein Mitarbeiter der Zentralstelle hatte am Donnerstag Fotos und Niederschriften vorgelegt, die in den Gutachten angeblich nicht berücksichtigt wurden. Von Seiten der Kriminaltechnischen Zentralstelle seien keine Beweise unterdrückt worden, betonte Chefinspektor Robert Sturm vom Innenministerium. Bei den plötzlich aufgetauchten Dokumenten handle es sich lediglich um "Duplikate und Ablichtungen von frei zugänglichen Schaltplänen".
Er werde an Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) eine formelle Anfrage richten, wie es dazu kommen konnte, dass beim Kaprun-Prozess von Seiten der Zentralstelle jetzt eine Menge Unterlagen vorgelegt wurden, obwohl die Untersuchungsrichterin die KTZ zwei Mal schriftlich ersucht hatte, alles zu übermitteln, erklärte Salzburgs Landesgerichtspräsident Walter Grafinger. Für den Salzburger Gerichtspräsidenten ist die ganze Vorgangsweise "völlig unverständlich". Sollten noch nicht bekannte Unterlagen neu in die Gutachten einfließen, kann es beim Prozess schon zu Verzögerungen kommen", sagte Grafinger.
Überlebender als Zeuge vor Gericht
Mit der Befragung eines Überlebenden der Katastrophe vom 11. November 2000 in der Gletscherbahn wurde am Freitag der Kaprun-Prozess in der VABIO-Halle in Linz fortgesetzt. Volker Kohl, ein Krankenpfleger aus Vilseck (Deutschland), berichtet bei seiner Befragung von einer Explosion, die er nach der Flucht aus dem Zug gehört habe. Außerdem habe es eine starke Druckwelle gegeben. Danach habe er auch einen zweiten "dumpfen Knall" bemerkt. Er sei als einer der letzten in das letzte talseitige Abteil gestiegen, sagte der Zeuge. Er habe mit den umstehenden Fahrgästen versucht, die Türen aufzubringen. Man habe nach Hebeln und Griffen gesucht, probiert, die Tür mit den Fingern oder Skistöcken aufzuzwängen. "Sie ist keinen Zentimeter aufgegangen", berichtete Kohl.
Es sei gewesen, wie "wenn ein Formel-1-Wagen über eine mit Ölbindemittel präparierte Spur fährt", berichtete der zweite Zeuge Frank Müller. Er habe sich aber nichts dabei gedacht und niemanden vom Rauch verständigt, sagte der Zeuge aus. Die Rauchfahne sei vom Heck nach oben gezogen und habe sich dann verflüchtigt. Ob der Rauch von rechts oder links gekommen sei, könne er nicht sagen.
"Ed Fagan aus Strafverfahren vertrieben"?
Zum Schluss des Verhandlungstages legte Verteidiger Alexander Heinrich noch eine Urkunde des deutschen Anwaltes Michael Witti vor. In dieser eidesstattlichen Erklärung Wittis, die bei einem amerikanischen Gericht vorgelegt wurde, heiße es unter Punkt 6, dass "Ed Fagan aus dem Strafverfahren vertrieben worden ist", zitierte Richter Manfred Seiss. Er werde die Akten studieren und allenfalls einer strafrechtliche Beurteilung unterziehen, sagte der Vorsitzende.
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Kurier
Am Freitag kurz vor 12 Uhr schildert Volker Kohl aus Vilseck in Bayern noch einmal die wohl schrecklichsten Minuten seines Lebens. In einem weißen Schutzanzug steht er in dem verrußten "Gletscherdrachen" und schildert dem Gericht seinen Überlebenskampf bei der Brandkatastrophe in Kaprun. Der 29-Jährige war der einzige der Überlebenden, der beim Lokalaugenschein in Linz ausgesagt hat. Die Anderen geretteten ließen sich überraschend entschuldigen. Ihre Begründung: die Situation wäre psychisch zu belastend. Zu Prozessbeginn war dies noch nicht der Fall. Die Überlebenden verließen sogar erzürnt die Verhandlung, weil sie als Zeugen vorerst vom Prozess ausgeschlossen wurden. |
Rauch und Feuer
Der 29-jährige Krankenpfleger fuhr am 11. 11. 2000 das erste Mal mit der Gletscherbahn. Mit ihm im Zug: seine Freunde aus dem Skiklub Vilseck. "Es war beim hinauf fahren alles unauffällig", sagt Kohl. Selbst als der Zug im Tunnel plötzlich stehen blieb, glaubten alle, dass sie schon bei der Ausweiche angelangt wären. "Talwärts gesehen bemerkte ich beim Führerstand Rauch und Feuer. Dann brach Hektik aus", erinnert er sich. Der 29-Jährige und seine Freunde suchten vergebens nach Griffen und Hebeln an der Tür. "Mit Fingern, Skistöcken und Skiern versuchten wir die Türe aufzuspreizen." Als das nicht ging, packten sie zu dritt ein Paar Skier. "Wir schlugen zirka 30- bis 40-mal gegen die Plexiglasscheiben." Das kleine Loch, das sie schlagen konnten, vergrößerten sie mit bloßen Händen.
Brille verloren
In letzter Verzweiflung stürzte sich Kohl kopfüber aus der Bahn ins Dunkle. Seine Haare waren bereits vom Feuer versengt. "Ich habe bei dem Sprung die Wand gerammt und meine Brille verloren. Mit den Skischuhen bin ich talwärts geschlittert, bis ich die Nottreppe entdeckte."
Angstschreie
Einige Meter vor dem Ausgang hört der Bayer eine Explosion und spürt eine Druckwelle: "Ich presste mich an die Wand. Als ich mich umdrehte, sah ich nur noch eine Feuerwand." Der Wiener Anwalt Stieldorf, der bei dem Unglück seinen Sohn Matthäus verloren hat, will wissen, ob er aus anderen Abteilen Schreie gehört hat. "An Ort und Stelle habe ich damals nur um mein Leben gekämpft. Aber jetzt wache ich oft mitten in der Nacht auf und höre Menschen schreien."
12.07.2002 11 : 20 Uhr
Wien - Im Kaprun-Prozess wurde von Seiten der Kriminaltechnischen Zentralstelle (KTZ) dem Innenministerium zufolge keine Beweise unterdrückt. Bei den am Donnerstag plötzlich aufgetauchten Dokumenten handle es sich lediglich um "Duplikate und Ablichtungen von frei zugänglichen Schaltplänen", so Chefinspektor Robert Sturm am Freitag. Trotzdem sei eine interne Untersuchung angeordnet worden.
Unterstützung
Die Spezialisten der KTZ wurden nach dem Unglück in Kaprun von der Kriminalabteilung Salzburg zur Unterstützung angefordert, um den Tatort genau zu inspizieren. Als die Abteilung ihre Arbeit beendet hatte, wurden "die Akten übergeben", so Sturm.
Kommunikation
Für den eigenen Gebrauch wurden allerdings Duplikate angefertigt und Schaltkreise abgelichtet. "Sie sind davon ausgegangen, dass sie sowieso frei zugänglich sind", so Sturm. Von einer "Unterdrückung von Beweismittel" könne man daher nicht sprechen. Der Chefinspektor räumte aber ein, dass die Kommunikation "nicht sehr glücklich" gewesen sei.
12.07.2002 08 : 01 Uhr
Linz - Vor der Kulisse des verrußten "Gletscherdrachen" wurde am Donnerstag in einer Industriehalle auf dem VOEST-Gelände in Linz der Kaprun-Prozess mit einem Lokalaugenschein fortgesetzt. Hinter der erhalten gebliebenen Zuggarnitur war das Brandrelikt des Unglückszugs zu sehen. Abgebrannte Kerzen und vertrocknete Blumen erinnerten an die Opfer, die am 11. November 2000 beim Brand in der Standseilbahn in Kaprun ums Leben gekommen waren. |
Neue Unterlagen sorgten für große Aufregung
Für Aufregung sorgten am späten Donnerstagvormittag neu aufgetauchte Unterlagen. Der Zeuge Herbert Gram, Brand- und Explosionsursachenermittler des Kriminaltechnischen Zentrums (KTZ), hatte sie im Kofferraum seines Autos nach Linz mitgebracht. Elf Ordner und eine braune Schachtel - Fotos, Dokumente und Videos, die vom KTZ stammen - wurden unter Beisein des Richters in den Verhandlungssaal gebracht. Nach einer ersten Sichtung gab Seiss bekannt, dass sich unter den Materialien Dokumente befinden, die nicht im Gerichtsakt seien und "für das Verfahren von Relevanz sein dürften".
Zeugeneinvernahme wurde fortgesetzt
Die Verhandlung wurde mit der Einvernahme von weiteren Zeugen des KTZ fortgesetzt. Immer wieder wurde dabei die Frage nach weiteren Unterlagen gestellt. "Warum wurden die Unterlagen erst heute vorgelegt?", wollte Danninger-Soriat vom Zeugen Andreas Kocun (KTZ) wissen. Er habe damit nichts zu tun gehabt - Unterlagen seien dem Landesgendarmeriekommando Salzburg laufend zugesandt worden. Kocuns Aufgabe ab 12. November 2000 bei den Ermittlungen im Tunnel sei es gewesen, die Lage des Zuges und der Verunglückten festzustellen. Es sei auch um eine Eingrenzung des Brandherdes gegangen.
Heizlüfter war sichergestellt worden
Sein Kollege Christian Tisch, ein Maschinenbautechniker, hatte den als Unglücksursache in Frage kommenden Heizlüfter untersucht. Er habe Anweisung gegeben, den Lüfter auszubauen, bestätigte der Zeuge. Das Gerät habe er nicht im Detail untersucht, es sei sichergestellt worden. "Wir haben den Bereich, von wo das Feuer ausgegangen ist, ausgegrenzt. Die genaue Zündquelle wurde von uns nicht festgestellt. Das war uns in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich."
Erneut wurde Sachverständiger abgelehnt
Zuvor hatten Verteidiger erneut den Sachverständigen Anton Muhr abgelehnt. Er hatte bei der Befragung des Zeugen Gram Fotos vorgelegt, die nicht im Gerichtsakt waren. Die Unbefangenheit des Gutachters sei in Zweifel zu ziehen. Richter Seiss gab diesem Antrag keine Folge, er könne keine Befangenheit erkennen. Der Sachverständige habe nicht wissen können, welche Dokumente in der Vollanzeige des Landesgendarmeriekommandos enthalten seien.
Rätsel: Kommt Ed Fagan oder kommt er nicht?
Richter Manfred Seiss teilte am Rande der Verhandlung mit, dass neun von elf Überlebenden, die am Freitag als Zeugen in Linz einvernommen werden sollten, aus psychischen Gründen abgesgt hatten. Rätselraten herrschte auch um das Erscheinen des US-Anwalts Ed Fagan. Er war zu Beginn des Prozesses am 18. Juni als Zeuge beantragt worden und hätte am Donnerstag nach Linz kommen sollen. Aber er kam nicht.
11.07.2002 16 : 29 Uhr
Etliche Angehörige waren zu dem Prozesstermin nach Linz gekommen, um noch einmal das Wrack zu sehen, in dem ihre Kinder, Lebenspartner, Freunde starben. Immer den Unglückszug in ihrem Blickwinkel, hörten sie die Aussagen der Zeugen. "Es ist wichtig, dass ich den Zug sehe", erzählt eine Frau, die vor einem Jahr noch nicht bereit war, eine Besichtigung mitzumachen.
Angehörige durften Wrack ansehen
"Wenn ich mir vorstelle, dass mein Sohn da drinnen war – das ist noch immer unvorstellbar. Ich bin so aufgeregt", sagt Frau Scharwitzel, die ihren Sohn Dietmar verloren hat. Auf vielfachen Wunsch wurde es den Angehörigen gestattet, das ausgebrannte Wrack hinter der Absperrung genauer anzusehen. "Vor einem Jahr wurden wir noch zurückgewiesen. Ich will mir die Lärchenbretter ansehen", sagt Max Ohner. Eine Angehörige legte Blumen nieder, andere versuchten, irgendwelche Details zu entdecken, Anwälte filmten die wenigen Überreste.
"Es gibt nichts mehr zu sehen"
Eine Frau, die gerade aus dem Zug kommt, weint: "Es gibt nichts mehr zu sehen. Es ist nichts mehr da. Ich hätte gerne gehabt, dass mir jemand etwas zu den Überresten erklärt." "Ich bin vor allem hierher gekommen, um die Gutachter zu hören. Den Zug habe ich schon einmal im September 2001 gesehen. Trotzdem wühlt mich das alles schon wieder sehr auf", sagt Martin Niederberger aus Piding.
Von den Aussagen der Beamten des KTZ hatten sich die Angehörigen viel mehr erwartet: "Wenn ich mir denke, dass sie die Ersten im Tunnel waren – die müssten mehr wissen. Dann krieg ich richtig einen Hass", meint eine Angehörige.
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Krone
Überlebender beim Zugwrack