salzburg.orf.at
16. Juli 2002
Disziplinaranzeige gegen Anwalt Witti beantragt
Mehrere Verteidiger haben am Dienstag angekündigt, den deutschen Rechtsanwalt und Kompagnon von Ed Fagan, Michael Witti, bei der Rechtsanwaltskammer und bei der Staatsanwaltschaft anzuzeigen.
Vorwurf der beabsichtigten Verzögerung
In einer eidesstattlichen Erklärung an ein amerikanisches Gericht behauptet Michael Witti, der Prozess in Salzburg würde von den 16 Beschuldigten und deren Verteidigern absichtlich verzögert. Weiters hieß es in der Erklärung unter Punkt 6, dass "Ed Fagan aus dem Strafverfahren vertrieben worden ist".
Damit würden die Opferfamilien keine Chance auf ein rasches Schadenersatz-Verfahren haben. Richter Manfred Seiss hat diese Anschuldigungen bereits zurückgewiesen und nennt diese "unseriös und falsch".
Die eidesstattliche Erklärung Wittis:
"Falsche Behauptungen bringen Nachteile"
Schriftstück soll dem Gericht zugeführt werden
Anwalt Rene Musey forderte, dass das Schriftstück von Witti dem Landesgericht zugeführt werde und bat um Klarstellung in rechtlicher Hinsicht. Ein Privatbeteiligtenvertreter verlangte außerdem, dass die Staatsanwaltschaft dazu Stellung beziehen sollte.
Richter Manfred Seiss beschwerte sich, dass die Privatbeteiligtenvertreter nicht immer anwesend seien. Es sei nicht eindeutig geklärt, welche und wie viele Angehörige Witti und sein Salzburger Kollege Jürgen Hinterwirth eigentlich vertreten.
Richter Manfred Seiss:
Reaktionen:
was mit unfall- arzt- und anwaltsopfern
von der Justiz darfst niemals Gerechtigkeit,
Schwabing und der Schnee
Auch keine schlechten Nachrichten
Trauerspiel
Der persönliche Schmerz ist verraucht...
Wenn Paragrafenheinis sich bekämpfen,
Was macht Fagan hier ???
mrcoffee, vor 9h 54min
In den USA gibts SEHR viel höhere Schadenersatzzahlungen. Und er braucht es nicht in Österreich vollstrecken, man greift einfach auf Firmenbesitz in den USA zu. Den gibt es dort angeblich teilweise.
perfekte Globalisierungsfalle !
luginsland, vor 9h 16min
Hier könnten sich die abenteuerlichen sale-and-lease-back-"Geschäfte" der Ösi-"Elite" als finanzielles Waterloo entwickeln. Die Eigentumsrechte an österr. Wasserkraftwerken, Eisenbahnlinien etc. werden einfach geltdend gemacht. capito ?
xxxxxxxxxxxxxxxx
sn
"Richter Seiss führt Prozess souverän"
16. Juli 2002
Vizepräsident des Landesgerichts Salzburg: "Rechtsanwaltskammer muss Disziplinarverfahren prüfen."
SALZBURG (SN, APA). Die eidesstattliche Erklärung des deutschen Rechtsanwaltes Michael Witti und der Brief seines US-Kompagnons Ed Fagan an ein New Yorker Gericht im Zusammenhang mit der Brandkatastrophe von Kaprun habe für den Prozessverlauf des Salzburger Landesgerichtes keine besondere Bedeutung. "Richter Manfred Seiss führt in souveräner Art den Prozess", erklärte am Dienstag Nachmittag der Vizepräsident des Salzburger Landesgerichts, Philipp Bauer, im Salzburger Kolpinghaus. Witti werfe in dem Schreiben den Angeklagten vor, sie würden den Prozess verzögern, sagte Bauer.
Die Rechtsanwaltskammer werde jetzt prüfen, ob gegen den deutschen Anwalt ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden kann. Es stehe noch nicht fest, ob überhaupt die österreichische Rechtsanwaltskammer zuständig ist oder ob der Akt nach München weitergegeben wird, sagte Bauer, der den auf Urlaub weilenden Landesgerichtspräsidenten Grafinger vertritt.
In seiner Stellungnahme vor Journalisten und Verteidigern im Foyer des Kolpinghauses sagte Bauer, in dem Brief von Ed Fagan an das New Yorker Gericht stehe die Behauptung, dass in Österreich kein ordentlicher Prozess geführt werde. Witti glaube, dass die Angehörigen und Opfer der Tragödie in Kaprun keine Unterstützung von der österreichischen Justiz erhalten. "Sie haben aber in sehr ausführlicher Weise die Gelegenheit, ihre Argumente vorzutragen", konterte Bauer. Richter Seiss (im SN/Ratzer-Bild) werde sich auch durch die Dokumente, die zuletzt überraschend aufgetaucht sind, "nicht irritieren lassen".
Zu dem Vorwurf einiger Verteidiger, es handle sich um einen Prozess-Betrug, meinte der Vizepräsident: Auf Grund einer ausführlichen Darstellung liege es an der Staatsanwaltschaft, einzuschreiten. Unter Umständen käme dabei die Staatsanwaltschaft Wien in Frage.
Noch vor der Mittagspause stellte eine Konzipientin des Rechtsanwaltbüros Jürgen Hinterwirth (Privatbeteiligten-Vertreter im Kaprun-Prozess, Anm.) fest, dass Rechtsanwalt Hinterwirth auch die Privatbeteiligten von Rechtsanwalt Witti substitutionsweise vertreten werde, "wenn er nicht anwesend ist". Sie legte eine Liste vor, in der die Personen angeführt sind, die Rechtsanwalt Hinterwirth direkt vertritt, wie Richter Seiss am Vormittag begehrt hatte.
Verteidiger Wolfgang Brandstetter hatte am Dienstag im Kaprun-Prozess um 11.50 Uhr einen Brief des amerikanischen Rechtsanwaltes Ed Fagan an das Gericht in New York vom 12. Juli 2002 vorgelegt, in dem Fagan Stellung zum aufgetauchten Beweismaterial bei der Kaprun-Verhandlung vergangene Woche in Linz nimmt: "Durch die schockierenden Entdeckungen könne sich das amerikanische Gericht nicht mehr auf die Integrität des österreichischen Gerichtssystem verlassen", soll laut Verteidiger in dem Brief stehen.
In dem Schriftstück werde ferner behauptet, dass österreichische Beklagte im New Yorker Verfahren, darunter die Gletscherbahnen Kaprun, die Firmen Swoboda und Siemens, gemeinsam mit den Beamten der österreichischen Regierung konspiriert und Beweismaterial, das sich auf die Tragödie am 11. November 2000 in Kaprun bezieht, zurückgehalten und entfernt hätten. Weiters habe Fagan geschrieben, dass noch keiner der Angehörigen bis heute eine Entschädigung bekommen habe.
"Das ist schlicht falsch", sagte ein Verteidiger im APA-Gespräch. Die Generali-Versicherung habe bereits Leistungen an Hinterbliebene erbracht.
"Wenn Fagan als Resumee seiner Beobachtungen ausführt, dass sich das amerikanische Gericht nicht auf die österreichische Justiz verlassen kann, hat das strafrechtliche Relevanz", betonte Rechtsanwalt Brandstetter vor Richter Manfred Seiss. Diese Aussagen würden zu Lasten namhafter österreichischer Unternehmen gehen, die dadurch geschädigt würden. "Der groß angelegte Prozessbetrug geht zum Nachteil dieser Unternehmen", sagte der Anwalt in Bezug auf das Schreiben von Ed Fagan.
Noch ein weiteres Schriftstück befindet sich in den Händen der Verteidiger, wonach ein 62-jähriger Amerikaner, der bei dem Unglück seine Tochter, deren Ehemann und zwei Enkelkinder verloren hat, dem New Yorker Gericht erklärt, sein Anwalt Ed Fagan sei bei Verhandlungen im Juni 2002 in Salzburg "hinausgeschmissen worden". Da er nicht mehr von einem Anwalt vertreten sei, könne er auch keine Geldstrafe mehr verlangen.
Die eidesstattliche Erklärung, die Witti abgegeben habe, sei "ein Meineid", meinte ein Verteidiger.
Spannungen im Kaprun-Prozess
16. Juli 2002
Disziplinaranzeige gegen Anwalt Witti beantragt. Probleme beim Kopieren der aufgetauchten Unterlagen.
SALZBURG (SN, APA). Mehrere Verteidiger beantragten am Dienstag im Kaprun-Prozess in Salzburg eine Anzeige an den Disziplinaranwalt gegen den deutschen Rechtsanwalt und Kompagnon des US-Advokaten Ed Fagan, Michael Witti. Der Auslöser: In einer eidesstattlichen Erklärung Wittis, die einem amerikanischen Gericht vorgelegt worden war, hieß es unter anderem, dass "Ed Fagan aus dem Strafverfahren vertrieben worden ist".
Das Ganze sei Prozessbetrug, "man kann das nicht ohne weiteres hinnehmen", sagte Verteidiger Wolfgang Brandstätter. Richter Manfred Seiss meinte, dass falsche Behauptungen, die eidesstattlich nach Amerika versandt werden, sehr zum Nachteil von gewissen Personen sein könnten - und es gehe um sehr viel Geld.
Anwalt Rene Mosey forderte, dass das Schriftstück von Witti dem Landesgericht zugeführt werde, und bat um Klarstellung in rechtlicher Hinsicht. Ein Privatbeteiligtenvertreter verlangte ferner, dass die Staatsanwaltschaft dazu Stellung beziehen sollte.
Verteidiger beschwerten sich außerdem, dass die Privatbeteiligtenvertreter nicht immer anwesend seien. Es sei nicht eindeutig geklärt, welche und wie viele Angehörige Witti und sein Salzburger Kollege Jürgen Hinterwirth eigentlich vertreten.
Richter Seiss meinte dazu: "Die Privatbeteiligtenvertreter gehen ein und aus, da müsste ich alle 15 Minuten unterbrechen. Es ist sensationell, was sich auf dieser Seite abspielt. Es gibt Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen, die draußen mehr Zeit verbringen als im Gerichtssaal." Er verliere auch manchmal den Überblick, wer diese Kanzleien vertrete, sagte der Richter, der eine Übersicht der zu vertretenden Angehörigen einforderte. Anwalt Peter Lechenauer meinte, laut Strafgesetzordnung dürfe so etwas überhaupt nicht passieren.
Nächstes Problem: Die Kopierstelle des Landesgerichtes Salzburg ist nicht in der Lage, Farbkopien aus den in der Vorwoche überraschend aufgetauchten Unterlagen herzustellen. Deshalb soll ein Negativscanner angeschafft werden. Bezüglich der Kopien der Pläne sei man sich noch nicht ganz schlüssig geworden. Jedenfalls werde das Vervielfältigen der anderen Unterlagen allein ein bis zwei Wochen dauern, sagte Seiss.
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Kronenzeitung
Beamter unterdrückte Beweismaterial!