salzburg.orf.at
17. Juli 2002

Neues Beweismaterial wurde erstmals gesichtet
Im Prozess um die Gletscherbahnkatastrophe von Kaprun haben am Mittwoch die Verteidiger der 16 Beschuldigten erstmals die Gelegenheit, das vergangene Woche überraschend aufgetauchte Beweismaterial zu sichten.

"Inhalt ist hochinteressant"
Der Inhalt dieser 11 Aktenordner sei hochinteressant, sagt Philipp Längle, er ist einer der Verteidiger des technischen Direktors der Gletscherbahn.

"Soweit ich also das Material sichten konnte, handelt es sich dabei um sehr bedeutsames Material. Ich bin überzeugt, dass sich auch die Sachverständigen nicht vor den Ergebnissen dieser Unterlagen verschließen werden können.

Eine Wende im Verfahren wäre vielleicht übertrieben aber ich glaube, dass doch etliche Aussagen in den Gutachten einer Überarbeitung werden bedürfen", sagt der Verteidiger Längle.

Sachverständige erwartet sich neue Erkenntnisse
Unter dem Beweismaterial sind auch drei Videobänder, die die Brandplatzuntersuchung im Tunnel zeigt. Der technische Sachverständige Klaus Helmich erwartet sich vor allem von diesen Filmaufnahmen neue Erkenntnisse. "Weil die Videobänder zu einem Zeitpunkt aufgenommen worden sind, an dem ich persönlich nocht nicht involviert und auch noch nicht angefragt war, um als Sachverständiger überhaupt tätig werden zu können," sagt Helmich.

Unbekanntes Wissen muss in die Gutachten eingearbeitet werden, so Helmich. "Das Gutachten ist ein dynamischer Vorgang, mit Erfolgen kommt neue Information zur Kenntnis, gibt es neue Anknüpfungstatsachen. Da muss das Gutachten auch diesem Zustand angepasst werden und möglicherweise in der Aussage völlig abgeändert werden."

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Salzburger Nachrichten

Geschäftiges Treiben bei Akteneinsicht
17. Juli 2002

Kaprun-Prozess-Verteidiger rückten mit Kopierern und Digitalkameras an. Strafanzeige gegen deutschen Anwalt.

SALZBURG (SN, APA). Obwohl am Mittwoch im Kaprun-Prozess verhandlungsfrei war, herrschte am Vormittag geschäftiges Treiben im Salzburger Kolpinghaus. Mitarbeiter von Kanzleien der Verteidiger der Beschuldigten nützten die Möglichkeit zur Einsicht in die am vergangenen Donnerstag neu aufgetauchten Ordner mit Unterlagen, die bisher bei den Beamten der Kriminaltechnischen Zentralstelle (KTZ) in Wien verwahrt wurden.

Vier Kanzleien hatten bis Mittag ihre Mitarbeiter in das Kolpinghaus entsandt. Die Anwälte und Konzipienten waren teilweise mit Kopierern oder Digitalkameras ausgerüstet, um interessante Materialien abzulichten.

Auch der Sachverständige Klaus Hellmich hatte die Möglichkeit zum Studium der elf Ordner genützt, die auf den Tischen im Verhandlungssaal aufgereiht lagen, sagte Andrea Rachelsperger, eine Mitarbeiterin von Richter Manfred Seiss.

Schon am Freitag vergangener Woche hatten die Verteidiger vollständige Kopien der elf Ordner, Fotos und Videobänder beantragt. Die Anfertigung dieser Ablichtungen durch die Kopierstelle des Landesgerichtes werde rund 14 Tage dauern, hatte Richter Seiss am Dienstag mitgeteilt.

Gegen den deutschen Rechtsanwalt Michael Witti, der als Privatbeteiligtenvertreter einige Angehörige von Opfern der Seilbahnkatastrophe am 11. November 2000 in Kaprun vertritt, wurde am Mittwoch bei der Staatsanwaltschaft Salzburg Strafanzeige wegen Prozessbetruges eingereicht. Das erklärte der Privatbeteiligtenvertreter und Rechtsanwalt der Gletscherbahnen Kaprun AG, Georg Karasak.

Witti, ein Kompagnon des US-Anwaltes Ed Fagan, habe in seiner eidesstattlichen Erklärung bei einem amerikanischen Gericht unwahre Behauptungen von sich gegeben, so Karasek. Unter Punkt 6 dieser Erklärung hatte der deutsche Anwalt festgestellt, dass "Ed Fagan aus dem Strafverfahren vertrieben worden ist". Eine Aussage, die überhaupt nicht stimme. "Fagan ist nie aus dem Prozess hinausgeworfen worden. Er hätte in Linz als Zeuge aussagen können und dann wieder an der Verhandlung teilnehmen können", betonte der Anwalt.

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Kurier

17.07.2002 16 : 21 Uhr
Kaprun: Strafanzeige gegen Anwälte

Die Anwälte der Beschuldigten im Kaprun-Prozess werden jetzt gegen den deutschen Rechtsanwalt Michael Witti und seinen amerikanischen Kompagnon Ed Fagan Strafanzeige wegen Prozessbetrugs einbringen. Zusätzlich werden disziplinarrechtliche Schritte gegen Witti und den Salzburger Jürgen Hinterwirth gefordert.

Eidesstaatlichen Erklärung

Witti hatte in einer eidesstaatlichen Erklärung an ein New Yorker Gericht behauptet, dass Fagan vom Prozess vertrieben worden wäre. Fagan wiederum zweifelte die Integrität des Österreichischen Gerichts an. Die Strafanzeige der Verteidiger wird unabhängig von der Vorgangsweise des Gerichts in dieser Angelegenheit eingebracht. Die österreichische Rechtsanwaltskammer wird vermutlich keine Schritte gegen Witti unternehmen können. "Die Unterlagen werden aber der deutschen Rechtsanwaltskammer zugeschickt. Es kann nicht sein, dass so etwas ohne Folgen bleibt", sagt Philipp Bauer, Vizepräsident des Landesgerichts Salzburg.

Einsicht

Im Kolpinghaus laufen unterdessen die Kopierer auf Hochtouren. Am Mittwoch waren die in der Vorwoche aufgetauchten Unterlagen der Kriminaltechnischen Zentralstelle (KTZ) zur Einsicht aufgelegt worden. Verteidiger und Gutachter nützten diese Möglichkeit, um mit Fotoapparaten, Kameras und Kopierern Ablichtungen von den Unterlagen zu machen. Das KTZ-Material umfasst elf Aktenordner mit großen Farbplänen, viele Fotos und Videobänder.

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