Salzburger Nachrichten
25.07.2003l

Gratwanderung zur Gedenkstätte

Karger Beton, buntes Glas: Die Gedenkstätte für die Opfer von Kaprun gleicht einer schlichten Halle. Baubeginn ist am Jahrestag des Unglücks.

KAPRUN (SN-spre). Knapp eineinhalb Jahre dauerte das Ringen um eine würdige Gedenkstätte für die Opfer der Brandkatastrophe von Kaprun. 155 Menschen waren am 11. November 2000 im Tunnel der zum Gletscherskigebiet führenden Standseilbahn ums Leben gekommen.

Die Ideensuche zur Gestaltung der Gedenkstätte dauerte bis in den Frühsommer. Dann entschieden sich die Angehörigen mehrheitlich für den Vorschlag des Architekten Anton Michael aus dem bayerischen Rimsting (SN vom 1. Juli).

Michael war durch Zufall mit dem Projekt in Berührung gekommen. Bei einem Urlaubsaufenthalt lernte er nämlich Ursula Geiger kennen. Frau Geiger hatte bei dem Unglück ihren Sohn verloren. Sie leitete einen der Arbeitskreise von Hinterbliebenen, die sich mit der Gedenkstätte befassten. Von Anfang an stand fest: Wer immer die Gedenkstätte errichten werde, solle einen Bezug zu den Betroffenen haben.

Anton Michael: "Das Projekt war für mich dann eine persönliche Gratwanderung." Und zwar zwischen seinem professionellen Ehrgeiz als Architekt und seinem persönlichen Respekt vor den Angehörigen.

Michael entschied sich für ein schlichtes, beinahe hallen-ähnliches Gebäude im Ausmaß @hs,-13 von 26 mal vier Metern. Davor befindet sich ein Platz, auf dem 155 Platten verlegt sind. Die Stätte besteht aus aus kargem Sichtbeton auf einem Natursteinsockel. Der Andachtsraum im Inneren wird von zwei Längsmauern mit 155 Glasschlitzen geprägt. Die Glasscheiben sollen verschiedene Farben aufweisen - Symbole für die Verschiedenartigkeit der Opfer.

Die Grundsteinlegung ist für den 11. November 2003 geplant, dem dritten Jahrestag des Unglücks. Die Eröffnung findet genau ein Jahr später statt. Die Kosten von 365.000 Euro teilen sich Bund, Land und Gemeinde, so Bürgermeister Norbert Karlsböck (SPÖ). Die entsprechenden baurechtlichen Bewilligungen sollen in den kommenden drei Monaten vorliegen.

Die Gedenkstätte wird gegenüber der Talstation der Gletscherbahnen errichtet. Das Unternehmen war auf Wunsch der Hinterbliebenen übrigens weder an Planung noch Finanzierung des Vorhabens beteiligt.

Auch der Michael-Vorschlag fand nicht nur Zustimmung unter den Angehörigen. Ursula Geiger: "Die Abstimmung wurde demokratisch und transparent durchgeführt." Koordiniert wurde Ideensuche und Abstimmung von der heutigen SP-Nationalrätin Erika Scharer. Sie hatte nach dem Unglück die psychologische Betreuung der Angehörigen organisiert.

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