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10. Juni 2001
Leichenteile in Gemeinschaftsgrab beigesetzt
Leichenteile der Opfer der Gletscherbahnkatastrophe in Kaprun sind heimlich in einem Gemeinschaftsgrab auf dem Salzburger Kommunalfriedhof beigesetzt worden. Das berichtet das deutsche Nachrichtenmagazin "Focus".
Knochen und Weichteile in Kindersarg
In aller Stille haben Totengräber die Überreste der Toten in einem Kindersarg beigesetzt. Die Weichteile und Knochen waren bei einer nachträglichen Inspektion des Tunnels gefunden beziehungsweise mit dem Stollenwasser ins Tal gespült worden.
Salzburgs Landesgerichtspräsident Walter Grafinger begründet die heimliche Aktion: "Wir wollten nicht noch einmal Wunden aufreißen, deshalb haben wir die Leichenteile Ende März pietätvoll entsorgt."
Staatsanwaltschaft prüft
Der Münchener Anwalt Michael Witti, Kompagnon von Ed Fagan, will deshalb jetzt Grafinger wegen Entziehung von Leichenteilen anzeigen. Die Salzburger Staatsanwaltschaft prüft jetzt die Vorwürfe.
Bayern trainieren nicht in Kaprun
Der Bayerische Skiverband will nicht in Kaprun trainieren, bis die Unglücksursache völlig geklärt ist. Auch die Bayern kritisieren das Landesgericht, das nur spärlich Informationen weitergibt.
Grafinger wehrt sich
Walter Grafinger wehrt sich gegen diese Vorwürfe: "Ich habe auch erst im Nachheinein davon erfahren. Ich halte diese Vorgangsweise in der furchtbaren Situation aber nach wie vor für die pietätvollste. Was würde ein Angehöriger sagen, wenn wir nach einigen Monate schreiben würden: Bitte holen Sie den kleinen Finger ihrer Tochter?"
Grafinger wundert sich auch etwas über die Reaktionen der Angehörigen: "Ich verstehe das Entsetzen so nicht. Ich würde es dann verstehen, wenn sich herausstellen würde, dass einfach Brandschutt entsorgt wurde, ohne dass man nachgeschaut hat, ob hier noch Körperteile drinnen sind. Aber ich verstehe das Entsetzen nicht, wenn man bedenkt, dass man sich die Mühe gemacht hat, alles auszusondern und in einem Grab zur letzten Ruhe zu legen."
Klage ein "Unsinn"
Eine Klage wegen Entziehung von Leichenteilen hält Grafinger für "Unsinn".
Fagan plant Milliardenklage
Der US-Anwalt Ed Fagan plant eine Milliardenklage gegen die Betreiber der Gletscherbahn. Außerdem kritisiert er immer wieder die Justiz - sie informiert die Betroffenen seiner Ansicht nach viel zu wenig.
Angehörige entsetzt
Die Angehörigen der Kaprun-Opfer sind über die Vorgangsweise Grafingers entsetzt: "Da sind irgendwelche Teile meiner Kathrin einfach vergraben worden, ohne mir etwas davon zu sagen. Das ist seelenlos", sagt einer von ihnen.
Die Leichenteile seien durch eine DNA-Analyse auch eindeutig zuordenbar gewesen, bestätigt Gerichtsmedizinerin Edith Tutsch-Bauer. Die betroffenen Angehörigen hätten also informiert werden können.