salzburg.orf.at
11. Juni 2001
Gerichtspräsident: Kein Auftrag zur Bestattung von Leichenteilen
Grafinger: Rechtsanwälte nehmen auf Gefühle von rund 90 Prozent
der Hinterbliebenen der Kaprun-Opfer keine Rücksicht.
SALZBURG (SN, APA). Er habe nie den Auftrag für die Bestattung von
Leichenteilen der Opfer der Tunnelbahnkatastrophe von Kaprun in einem
Sozialgrab auf dem Salzburger Kommunalfriedhof gegeben, erklärte der
Leiter des Salzburger Landesgerichts, Walter Grafinger, am Montag. Die
im Kindersarg beerdigten Leichenteile hätten außerdem weder zur Aufklärung des Unglücks noch zur weiteren Identifizierung der Opfer beigetragen, betonte der Gerichtspräsident: "Das Gericht war nie mit der Beisetzung befasst."
Gerichtsmedizinerin Edith Tutsch-Bauer habe die Leichname freigegeben. Die Körperteile, die nach der Bergung des Wracks im Tunnel noch gefunden worden seien, habe man nicht mit dem restlichen Material (Asche etc.) entsorgen wollen, sagte Grafinger. "Dass die Überreste in einem Kindersarg beigesetzt wurden, erfolgte meiner Meinung nach zu Recht", argumentiert der Gerichtspräsident.
Der Münchener Anwalt Michael Witti - ein Kompagnon des US-Advokaten Ed Fagan - will den Gerichtspräsidenten anzeigen und zwar nach Paragraf 190 StBG. In der mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten vorgesehenen "Störung der Totenruhe" ist unter anderem festgehalten, dass es ein Strafbestand sei, wenn Leichenteile dem Berechtigten entzogen werden. Witti will die Anzeige im Ausland einbringen.
Witti und Fagan "vertreten nur eine kleine Gruppe von Hinterbliebenen der Kaprun-Opfer", sagte Grafinger. Auf rund 90 Prozent der Hinterbliebenen - einem Großteil der Angehörigen - und deren Gefühle werde "keine Rücksicht genommen".
Fagan und Witti wollen nach amerikanischem Recht Schadensersatzansprüche
11. Juni 2001
Leichenteile in Gemeinschaftsgrab beigesetzt
Leichenteile der Opfer der Gletscherbahnkatastrophe in Kaprun sind heimlich in einem Gemeinschaftsgrab auf dem Salzburger Kommunalfriedhof beigesetzt worden. Das berichtet das deutsche Nachrichtenmagazin "Focus".
Knochen und Weichteile in Kindersarg
In aller Stille haben Totengräber die Überreste der Toten in einem Kindersarg beigesetzt. Die Weichteile und Knochen waren bei einer nachträglichen Inspektion des Tunnels gefunden beziehungsweise mit dem Stollenwasser ins Tal gespült worden.
Salzburgs Landesgerichtspräsident Walter Grafinger begründet die heimliche Aktion: "Wir wollten nicht noch einmal Wunden aufreißen, deshalb haben wir die Leichenteile Ende März pietätvoll entsorgt."
Fagan plant Milliardenklage
Der US-Anwalt Ed Fagan plant eine Milliardenklage gegen die Betreiber der Gletscherbahn. Außerdem kritisiert er immer wieder die Justiz - sie informiert die Betroffenen seiner Ansicht nach viel zu wenig.
Angehörige entsetzt
Die Angehörigen der Kaprun-Opfer sind über die Vorgangsweise Grafingers entsetzt: "Da sind irgendwelche Teile meiner Kathrin einfach vergraben worden, ohne mir etwas davon zu sagen. Das ist seelenlos", sagt einer von ihnen.
Die Leichenteile seien durch eine DNA-Analyse auch eindeutig zuordenbar gewesen, bestätigt Gerichtsmedizinerin Edith Tutsch-Bauer. Die betroffenen Angehörigen hätten also informiert werden können.