Salzburger Nachrichten
17. März 2001
Kaprun-Zug: Schon 1994 Reklamationen
Die Gletscherbahnen Kaprun reklamierten knapp nach Betriebsbeginn 1994 bei der Herstellerfirma des Zugs: Das Material des Aufbaus hatte sich verformt.
Als 1994 die Gletscherbahn Kaprun ein völlig neues Design verpasst bekam, musste wenig später beim Hersteller reklamiert werden. Dies wurde den SN vier Monate nach der Brandkatastrophe mit 155 Toten von den Gletscherbahnen und vom Anwalt der Herstellerfirma Swoboda in Gmunden bestätigt. Die Außenhaut der Fahrgastkabinen hatte sich verzogen, Nahtstellen seien "aufgegangen", Dellen aufgetreten. Teile des Aufbaus wurden damals ausgetauscht. "Das waren geringfügige Mängel", betont Manfred Müller, technischer Direktor der Gletscherbahnen Kaprun, man habe die Behörde damit nicht befassen müssen. Wie berichtet, könnten die beim Aufbau der Züge verwendeten Materialien zur extrem raschen Brandausbreitung am 11. November 2000 geführt haben.
Die Firma Swoboda hielt sich an ihrem Lieferanten, einer Firma aus dem Flachgau, schadlos. Offenbar stand ein Prozess im Raum. "Das wurde dann verglichen", sagte Gerhard Haslbauer, Anwalt der Firma Swoboda. Der Jurist erklärte nach Rücksprache mit der Swoboda-Geschäftsleitung, es habe sich um einen Materialfehler gehandelt. Angeblich soll billiges Material aus Taiwan geliefert worden sein, das nicht dem bestellten deutschen Standard entsprochen habe. Die Angaben, warum es Probleme mit dem Material gegeben habe, sind allerdings unterschiedlich. Einerseits heißt es, es hätte Probleme durch das Wasser im Tunnel gegeben. Die Rede ist auch davon, dass große Temperaturunterschiede (Sonneneinstrahlung im Sommer, hohe Minus-Temperaturen im Winter) zu Verformungen geführt hätten. Die Führerstände sind aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) - bei dem bei Hitzeeinwirkung giftige Dämpfe frei werden können - gefertigt, der übrige Aufbau großteils aus Aluminium. Ob zum Beispiel auch die Trennwände zwischen den Fahrgastzellen aus GFK hergestellt sind, wollen die Sachverständigen kommende Woche prüfen. Die Experten suchen im Auftrag der Justiz die Ursache.
GERALD STOIBER